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STRV-103

 

Die Feuerleitanlage des Kampfpanzers STRV-103 "S-Tank"

Der 1958 in Auftrag gegebenen Kampfpanzer STRV-103 stellt in seiner Konzeption ein Novum im internationalen Panzerbau dar und ist bisher einmalig geblieben. Der S-Tank, wie er oft bezeichnet wird, besitzt keinen Drehturm und keine Möglichkeit die Kanone unabhängig von der Wanne zu bewegen. Durch die starr eingebaute Kanone, eine schwedische Version der britischen 105 mm Kanone L7 mit verlängertem Rohr, konnte die Feuerleitanlage sehr einfach gestaltet werden. Allerdings musste ein kompliziertes System entwickelt werden, mit dem die Kanone durch Bewegungen der gesamten Panzerwanne gerichtet werden konnte. Dennoch war dieses System recht zuverlässig und vor allem sehr leicht zu bedienen.
Der STRV-103 hat genau 30 Jahre, seit der Indienststellung im Jahre 1967, erfolgreich im Truppendienst der schwedischen Panzertruppe gestanden und wurde in dieser Zeit mehrmals modernisiert. Im Jahre 1997 wurden die letzten STRV-103 aus dem aktiven Truppendienst  herausgenommen.

S-Tank, STRV-103Die Feuerleitanlage besteht im wesentlichen aus dem periskopischen Richtschützenzielfernrohr OPS-1 der Firma Jungner und einem gleichartigen Zielfernrohr in der stabilisierten Kommandantenkuppel. Ein ballistischer Rechner und ein Laser-Entfernungsmesser gehörten nicht zum Feuerleitsystem. Allerdings wurde in den Zugführerpanzern ein zusätzlicher optischer Entfernungsmesser mitgeführt. Ein Laser-Entfernungsmesser für den Richtschützen wurde später nachgerüstet. Wegen der Besonderheiten des Waffeneinbaus sollte die Richtanlage mit erwähnt werden. Die Besatzung besteht aus dem Kommandanten und dem Richtschützen, der gleichzeitig Fahrer ist.
Ein drittes Besatzungsmitglied, der sogenannte Rückwärtsfahrer, erfüllte unterstützende Aufgaben, wie das Fahren im Rückwärtsgang, das Bedienen des
dritten, nichtautomatischen Magazins und Bedienen des Funkgerätes.

Der Kommandant, rechts im Panzer untergebracht, verfügt über eine drehbare Kuppel mit vier großen Winkelspiegeln und einem periskopischen Zielfernrohr mit intergriertem Normalsichtwinkelspiegel. das Bild zeigt den Platz des Kommandanten. Links im Bild der mechanische Richthebel für das Kommandanten-MG außen auf der Luke, es folgt das Zielfernrohr mit dem 1:1 Sichtfenster und den Okularen , direkt darunter der JoyStick  für die Steuerung der stabilisierten Kommandantenkuppel und darunter die kombinierte Richt- und Lenkeinrichtung. Links am Rand der drehbaren Kuppel befindet sich in Augenhöhe eine Anzeige für die Stellung der Kuppel in Bezug zur Wanne. Die Kuppel ist in f_strv-103_kdt-1.jpgder Seite und in der Höhe über Kreisel und Servoelektromotoren stabilisiert und gewährleistet die unabhängige Beobachtung während der Fahrt und bei verschiedenen Neigungswinkeln der Wanne. Der Richtbereich beträgt in der Seite nach links und rechtes jeweils 270 Grad, damit kann die Rundumsicht gewährleistet werden obwohl sich die Kuppel nicht um volle 360 Grad drehen lässt. Mit einem mechanischen Richthebel kann der Kommandant das an der Kuppel links angebrachte 7,62 mm MG in der Höhe über das Zielfernrohr richten. Im Bild links befindet sich der Hebel und die Arretierhebel für die Richtanlege des MG unmittelbar links vom linken Richt- Steuergriff. Allerdings muß er dazu aus dem stabilisierten Beobachtungsmodus herausgehen und das MG mit dem mechanischen Visierwinkelübertrager zum Kopfspiegel verbinden. Zum elektrischen Richten der Kuppel und des Kopfspiegels nutzt er den Joystick der sich unterhalb der Okulare an seinem Zielfernrohr befindet. Notfalls kann der Kopfspiegel auch von Hand über einen Hebel an der linken Geräteseite bewegt werden. Der Kommandant kann den Richtschützen vollständig übersteuern, dazu arretiert er den stabilisierten Ausblickspiegel des Zielfernrohres und fixiert die Kuppel in Schussrichtung. Das Zielfernrohr des Kommandanten hat prinzipiell den gleichen Aufbau wie das des Richtschützen, einige Bedienelemente die nur der Kommandant für die Bedienung der Kuppel benötigt, sind zusätzlich vorhanden.


Zielübernahme durch den Kommandanten,
Sicht durch das linke Okular

links: Wanne ist zu hoch und zu weit links, es ist immer gegen den Zeiger zu richten

rechts: Wanne und Kommandanten-Zielfernrohr sind parallel, die Zeiger werden ausgeblendet

Im Beobachtungsmodus sind die Fuß-Pedale des Kommandanten hochgeklappt. Klappt der Kommandant die Pedale herunter, wird die Steuerung faktisch auf den Kommandantenplatz umgeschaltet und er kann prinzipiell alle Funktionen im Panzer alleine übernehmen. Zum Schießen kann er seine Kuppel auf die Schussrichtung der Kanone ausrichten. Sobald der Kommandant den Schalter auf "Kuppel arretieren" stellt, werden in seinem linken Okular  zwei Zeiger eingespiegelt. Ein waagerechter und ein senkrechter Zeiger. Je nach Lage der Wannen in bezug zur Sichtlinie des Komandantenzielfernrohres wandern die Zeiger aus der Sichtfeldmitte aus. Sobald der Kommandant beginnt die Wanne auf das von ihm erkannte Ziel auszurichten, bewegen sich die Zeiger in die Sichtfeldmitte. Befindet sich die Sichtlinie des Kommandantenzielfernrohres parallel zur Längsachse der Wanne, werden die Kuppel und der Kopfspiegel des Zielfernrohres automatisch arretiert. Die Zeiger  werden ausgeblendet und der Kommandant ist feuerbereit.

Für den Kommandanten bzw. Richtschützen/Fahrer hier eine kurze Beschreibung des Zielfernrohres. f_strv-103_rs-3.jpgDas Zielfernrohr mit fester Strichplatte besitzt die Möglichkeit die Vergrößerung in den Stufen 6, 10 und 18fach zu wechseln. Dadurch können Ziele auch auf große Entfernungen sehr präzise angerichtet werden. Der Umschalthebel dazu befindet sich links neben dem linken Okular. Ein Dreistufenschalter, rechts von den Okularen, ermöglicht es einen Sonnenlichtfilter je nach Bedarf vorzuschalten. Ganz rechts befindet sich die Justiereinrichtung. Die Strichplattenbeleuchtung kann den Sichtverhältnissen angepasst werden.
Das Zielfernrohr besitzt zwei Besonderheiten. Es kann eine 35mm Fotokamera an einem Interface an der Unterseite angebracht werden um das Sichtfeld im Moment des Abschusses zu dokumentieren. Außerdem wird beim Abfeuern kurzzeitig eine elektrische Blende geschlossen um die Augen vor dem grellen Mündungsblitz zu schützen. Ein Prisma über den Okularen ermöglich eine 1:1 Sicht nach vorn, analog wie ein normaler Winkelspiegel.

Links im Bild die Bedienelemente links vom Richtschützenzielfernrohr mit dem großen Bedienpult für den Laser-Entfernungsmesser.  f_strv-103_rs-2.jpgDas Strichbild ist im Prinzip wie folgt aufgebaut. Vom Zentralkreuz nach unten folgen kleine Striche welche die Entfernungsmarken für die Treibspiegelmunition APDS darstellen. Die Entfernungsmarken beginnen bei 600 Meter und gehen in 200 Metersprüngen bis 2200 Meter (später bis 3400 Meter).
Rechts und links davon gibt es waagerechte Striche. Das sind Haltepunkte für das Schiessen auf bewegliche Ziele. Drei Striche auf jeder Seite unmittelbar am senkrecht Mittelstrich. Das innere Ende am ersten Strich ist der Vorhaltepunkt für 10 km/h Zielgeschwindigkeit, das äußere Ende für bei 20 km/h, der nächste bei 30 u.s.w. bis 60 km/h
Dann folgen nach unten die Entfernungsmarken für die Sprenggranaten HE, bis zur Entfernung 2200 Meter ebenfalls mit Haltepunktmarken für bewegliche Ziele. Jeder kleine Strich und jeder Zwischenraum bedeuten 50 Meter. Der Entfernungsbereich für HE-Granate beginnt bei 700 Metern und geht in 100 Metersprüngen bis 4000 Meter. Bis 700 Meter wurde mit den APDS-Marken geschossen.

Neben den Entfernungsmarken gibt S-Tank, STRV-103 - Strichbild Zielfernrohres waagerechte Striche, je einer auf jede Seite. Das sind Haltepunktefür das Schiessen bei Seitenwind für Schussentfernungen von 2000 bis 4000 Meter, die Innenseite für 5 und die Außenseite für 10 m/sec Seitenwind.
Für das Schießen mit den auf der Wanne außen angebrachten zwei MG gibt es kleine Entfernungsmarken in Klammerform ( | ), diese sind das Visier für MG, im Entfernungsbereich von 200 Metern bis 1000 Metern in 200 Meterschritten. Grundsätzlich wird mit dem MG aber nach Leuchtspur geschossen.
Soll mit der HE-Granate auf maximale Entfernungen geschossen werden, muß die Vergrößerung auf 6fach zurückgestellt werden. Ansonsten ist die Entfernungsskala nicht voll im Sichtfeld zu sehen.
Bei den später mit einem Laser-Entfernungsmesser nachgerüsteten Panzern wird im Sichtfeld des Zielfernrohres auch die gemessene Entfernung angezeigt.
Dazu wurden die für die Bedienung des Entfernungsmessers notwendigen Schalter in den rechten Richtgriff integriert.

 

 

f_strv-103_rs-1.jpgDas Anrichten der Ziele erfolgt im STRV-103 über die gleiche Einrichtung mit der auch der Panzer gelenkt wird. Diese kombinierte Richt- und Lenkeinrichtung ist auf den Bildern links und weiter unten zu sehen. Die Bedienelemente sind folgende. Die blau markierten Druckschalter betätigen die elektrische Abfeuerung. Über dem Abfeuerungsknopf befindet sich der Druckschalter zum automatischen Laden  von APDS-Munition. Die rot markierte Leuchte am rechten Griff oben zeigt den Ladestatus "Fertig" für APDS an. Eine analoge, gelb markierte Leuchte an der linken Seite oben zeigt den Status für HE-Munition an. Der Ladeknopf, grün markiert,  für HE-Munition befindet sich ganz unten. In der Mitte des Steuerkastens sind, hellblau markiert, links der Drehwahlschalter "Abfeuerungssicherung" und rechts der Drehwahlschalter "Höhenrichten gesperrt". Nach außen stehende Pfeile bedeuten "gesperrt", stehen die Pfeile nach oben ist das jeweilige System eingeschaltet. Unter den Drehwahlschaltern befindet sich der Waffenauswahlschalter für Kanone oder MG. Der Vollständigkeit halber seien die Kontrollleuchten an der oberen Gehäusekante erwähnt, von links nach rechts die Warnleuchten für den Hauptmotor, die Gasturbine, die Kraftübertragung und die Signalleuchte "Overspeed".

S-Tank, STRV-103 - RichtgriffeS-Tank, STRV-103 - Richtgriffe
Richt- und Lenkvorrichtung des STRV-103
für Kommandant und Richtschütze identisch, links im Bild noch eine ältere Version 

Die Druckschalter und Signalleuchten sind links und rechts identisch, bei modernisierten Panzern wurden deshalb beim Kommandanten in die linke Seite andere Schalter integriert, so die Bedienelemente für den Laser-Entfernungsmesser

Den Aufbau der hydraulischen Richtanlage zeigt das folgende Bild. Das Richten erfolgt mit einer dem Motorad ähnlichen "Lenkstange". Diese ist um die Hochachse und die Griffe rechts und links sind auf der Längsachse drehbar. Das Drehen der Griffe um die Längsachse bewirkt eine Veränderung der Geometrie der Aufhängung der Panzerwanne und ermöglicht das Richten in der Höhe. Dazu wird Öl aus dem Hydraulikkreislauf der Stellzylinder der vorderen und hinteren beiden Schwingarmpaare umgepumpt, wodurch sich die Neigung der Wanne von -10 Grad bis +12 Grad variieren lässt. Spätere Modelle hatten wegen einer geänderten Aufhängung einen Höhenrichtbereich von -11 bis +11 Grad.

S-Tank, STRV-103 - Richtanlage

    1 - Kontroll und Synchronisiereinrichtung
    2 - Synchronisierte Schwingarme
    3 - Elektronikverstärker
    4 - Steuermagnet
    5 - Hydraulikpumpe
    6 - hintere Hydraulikzylinder
    7 - vordere Hydraulikzylinder

Für die Fahrt und oder anderen Situationen kann die Wanne im Winkel von 0 oder 4 Grad arretiert werden. Die 4 Grad Arretierung war vor allem für die Rückwärtsfahrt vorgesehen um dem Rückwärtsfahrer ein optimales Sichtfeld zu bieten.  Eine gewisse Stabilisierung der Wanne durch die Hydraulikanlage sichert außerdem einen relativ gleichbleibenden Neigungswinkel der Wanne auch während der Fahrt. Gleichfalls kann die Bodenfreiheit abgesenkt und damit die Gesamthöhe des Panzers verringert werden. Bei Betätigen des Schalters "Niedrige Bodenfreiheit" wurde die Wanne um 12 cm abgesenkt.
Das Richten in der Seite erfolgt über das Drehen der gesamten Wanne. Die Richtgeschwindigkeiten liegen für eine 180 Grad Drehung bei 2 Sekunden aus der Bewegung und bei 12 Sekunden im Stand. Erprobungen bestätigten ein insgesamt sehr präzises und ebenso feinfühliges Richtverhalten. Allerdings ist es erforderlich den Hauptmotor zu starten um die Hydraulikanlage in Betrieb nehmen zu können. Mit der Gasturbine ohne Hauptmotor kann nur die Wanne gedreht werden, ein präzises Richten ist dann nicht mehr möglich.

Vielen Dank an Dag Patchett für die Fotos, Anders Lundström für die Hinweise und an Peter Lau aus Singapore,
der mich mit technischen Skizzen und technischen Details unterstützt hat.

 

 

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Stefan Kotsch