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Die
Feuerleitanlage des Jagdpanzers Kürassier
Anfang der 60er
Jahre erkannte das österreichische Bundesheer die Notwendigkeit, die Panzerabwehr
in den Kampfverbänden
durch eine neue und wirksame Waffe zu verstärken.
Die Einsatzschussweite musste weit über die der bisherigen Panzerabwehrwaffen
hinausgehen. Den
besonderen Anforderungen des Einsatzes im typischen österreichischen Gelände
war Rechnung zu tragen. Außerdem sollte das neue System so konzipiert
sein das es zukünftigen Gefechtsanforderungen auch auf lange Sicht genügen
sowie unkompliziert und kostensparsam zu modernisieren ist. Mit dem Jagdpanzer
Kürassier ist dies dem österreichischen Bundesheer offensichtlich hervorragend
gelungen. Inzwischen ist der Kürassier mit einer rechnergestützten Feuerleitanlage
mit integriertem Laser-Entfernungsmesser und einem Wärmebildgerät
ausgestattet.
Nach verschiedenen
Tests mit dem französischen AMX-13, der eine neue 105 mm Kanone erhalten
hatte, entschloss man sich zu einer eigenständigen Konstruktion auf der
Basis des französischen Turms FL-12 mit der neuen Kanone M-57. Das
Projekt wurde im März 1965 vorgelegt, schon im September 1967 begann mit
dem ersten Prototypen die Truppenerprobung. Hier nun eine Betrachtung der
Feuerleitanlage dieses Jagdpanzers.
Die Feuerleitanlage
besaß im Jahre 1967 noch keinen ballistischen Rechner. Dem Kommandant
und Richtschützen standen konventionelle Zielfernrohre zur Verfügung. Für
den Feuerkampf bei Nacht verfügte nur der Kommandant, der den Richtschützen
vollständig übersteuern konnte, über ein Infrarot-Zielfernrohr
der ersten
Generation . Allerdings hatte man schon 1967 erkannt, das ein
Laser-Entfernungsmesser zwingend erforderlich war um die ballistischen Möglichkeiten
der sehr guten Kanone M-57 ausreizen zu können. Der Kürassier war der erste
Panzer weltweit der serienmäßig mit einem Laser-Entfernungsmesser ausgerüstet
war. Durch die unbewegliche
Kuppel fehlt dem Kommandanten die Möglichkeit unabhängig vom Richtschützen
Ziele auf große Entfernung aufzuklären. Dies nahmen die Konstrukteure hin, weil der Jagdpanzer
aus aufgeklärten Deckungen heraus nur einen kurzen, überfallartigen Feuerkampf
führen und danach rasch ausweichen sollte.
Dem Kommandanten
stehen 7 große Winkelspiegel mit Laser-Schutzfiltern an der Kommandantenkuppel
zu Verfügung und gewährleisten somit die Rundumsicht. In Schussrichtung befindet
sich vor dem Kommandanten an Stelle eines einfachen Winkelspiegels das periskopische
Zielfernrohr WZF F-135 der österreichischen Firma Swarovsky, die auch weitere
Baugruppen der optischen Ausstattung entwickelte und produzierte. Dieses
Gerät wurde komplett neu entwickelt und stellt faktisch neben dem Richtschützenzielfernrohr
ein zweites vollwertiges Zielfernrohr dar. Es wurde eine neue bewegliche
Strichplatte mit präziserer Einstellmöglichkeit entwickelt um die Werte
des Laser-Entfernungsmessers optimal nutzen zu können. Eine automatische
Übernahme und Einstellung der Werte aus dem Laser-Entfernungsmesser
war zunächst nicht vorgesehen. Das Strichbild kann über zwei Rändelschrauben
am rechten Okular in der Schussentfernung und in der Seite eingestellt werden.
Die Vergrößerung ist wechselbar zwischen 7,5-fach und 1,6-fach, das
Sichtfeld beträgt jeweils 9 und 28 Grad. Das F-135 zeigt das gleiche
Strichbild wie das Zielfernrohr des Richtschützen und ermöglicht die nahtlose
Übernahme der Feuerführung . Auf Grund der Besonderheit des Wiegeturms entfallen
die Winkelübertragungselemente zur Kanone.
 Winkelzielfernrohr
F-135 des Kommandanten
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 IR-Winkelzielfernrohr
F-129 des Kommandanten
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Das Zielfernrohr
wird fest im Aufnahmeschacht an der Turmdecke eingespannt und besitzt dadurch
eine enorm hohe Justierfestigkeit. Für den Nachtkampf wird an Stelle des
F-135 Zielfernrohres ein aktiv arbeitendes Infrarot-Zielfernrohr vom Typ
F-129 eingesetzt, das eine 6-fache Vergrößerung bei einem Sichtfeld von
7 Grad besitzt. Es ist ebenfalls eine eigenständige österreichische Entwicklung,
da das Nachtzielfernrohr des AMX-13 nur eine 4-fache Vergrößerung besaß
und nicht mit den erweiterten Möglichkeiten der 105 mm Kanone harmonierte. Für
die Zielfeldbeleuchtung steht ein auf dem Turmheck über dem Laser-Entfernungsmessergehäuse
zu montierender Scheinwerfer zur Verfügung. Wahlweise kann Weißlicht oder Infrarotlicht
abgestrahlt werden. Die Xenon-Lampe gewährleistet eine optimale Ausleuchtweite
von 800 m bei Infrarot und 1000 m bei Weißlicht.
Die Strichbilder
der beiden Zielfernrohre haben folgenden Aufbau. Das Tagzielfernrohr besitzt
zwei Entfernungsskalen, links für die 105mm Sprenggranate mit den Werten
von 0 bis 800 m in Sprüngen von 100 m und von 800 bis 3000 m in Sprüngen
von 50 m. Eine analoge Skala befindet sich rechts für die 105mm Hohlladungsgranate.
Die rechte Skala wird auch für das Schießen mit dem Turm-MG verwendet. Die
kurze Skala ganz am rechten Rand dient der Einstellung von Korrekturwerten
, so für die Berücksichtigung des Abgangsfehlerwinkels beim Schuss. Die waagerechte
Skala dient der Berücksichtigung von Vorhaltewerten. Diese Skala kann vertikal
bewegt werden, dabei decken die Pfeile die gewünschte Entfernungsmarke an
der entsprechenden vertikalen Skala ab. Das Kreuz der beiden Hauptlinien
bildet die zentrale Richtmarke. Eine feststehende Justiermarke in Form
eines kurzen waagerechten Strichs (als Verdickung beim Linienkreuz zu sehen)
dient gleichzeitig als Richtmarke für den Laser-Entfernungsmesser.
Der
Aufbau der Strichplatte ist dem französischen Vorbild entlehnt,
eine ähnlich aufgebaute Strichplatte findet sich auch im AMX-30
wieder.
Das Strichbild des Nachtzielfernrohres des
Kommandanten ist wesentlich
vereinfacht worden da die Einsatzschussweite mit dem Nachtzielfernrohr
bis optimal 800 m bei Beleuchtung mit Infrarotlicht liegt. Das Zentralkreuz, wieder die
Richtmarke des Laser-Entfernungsmesser, ist die Nullmetermarke. Es folgen,
jeweils die Strichspitzen, 200, 400 und 800 m. Der untere Punkt schließt
als 1000m Marke ab. Die Punkte bilden Hilfsmarken für die Bestimmung
der Vorhalte, der Punktabstand beträgt 4 Strich und entspricht cirka
10 km/h. Die Marken sind für die 105mm Hohlladungsgranate berechnet.
Für das Schießen mit Sprenggranate werden die Marken in gleicher Weise
verwendet da die Differenz in der Anfangsgeschwindigkeit bei den Entfernungen
des Nachtkampfes kaum ins Gewicht fällt.
Dem Richtschützen
steht ein teleskopisches Zielfernrohr vom Typ F-128 zur Verfügung. Es
ist im Prinzip das gleiche Zielfernrohr wie es im AMX-13 verwendet wurde.
Die Strichplatte wurde völlig neu überarbeitet um sie, wie beim Kommandantenzielfernrohr,
für die Verwendung mit einem Laser-Entfernungsmesser anzupassen. Das
Zielfernrohr befindet sich, in einer Schwalbenschwanzführung eingerastet,
im kippbaren Turmteil direkt hinter der Turmfrontpanzerung. Die Vergrößerung
beträgt das 8-fache bei einem Sichtfeld von 8,5 Grad. Ein Laserfilter
ist fest eingebaut und ein zusätzliches Filter gegen starkes Sonnenlicht
kann aufgesteckt werden. Die Strichplatte hat den gleichen Aufbau und
die Funktionalität wie beim Kommandantenzielfernrohr. Ein Nachtzielfernrohr für
den Richtschützen
war in der ursprünglichen Version des Kürassier nicht vorgesehen. Ein
Winkelspiegel mit Sicht in Schussrichtung ergänzt die optischen Einrichtungen
am Richtschützenplatz.

Zielfernrohr F-128 des Richtschützen
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 mechanisches
Hilfsvisier
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Eine interessante Besonderheit ist das
mechanische Hilfsvisier an der Turmaußenseite des Kürassier. Dieses war
beim AMX-13 auch an der Kommandantenseite zu finden. Ein einfaches Fadenkreuz
und ein Rundkorn konnten durch das Sichtfeld des Winkelspiegels auf
das Ziel ausgerichtet werden. Das Rundkorn war abklappbar. Neben der
Variante des Einsatzes als Notvisier war aber vor allem die Möglichkeit
von Bedeutung, mit Hilfe dieses mechanischen Visiers rasch Ziele grob
über den Winkelspiegel anzurichten um dann zum Zielfernrohr F-128 zu
wechseln.
Der Laser-Entfernungsmesser
besteht im Wesentlichen aus folgenden Hauptbaugruppen. Zunächst
der Laserbaugruppe in einem gepanzerten Kasten auf dem Turmheck zwischen
den beiden Munitionsluken des Ladeautomaten.
Eine Luke verschließt die Sende- und Empfangsoptik
nach vorn und muss zum Messen geöffnet werden. Es handelt sich
um einen Neodymglas-Laser vom Typ TCV-29 der Firma CILAS. Die Messgenauigkeit
liegt bei ± 5 Meter im Messbereich von 400 bis 9995 Metern, alle zwei
Sekunden kann eine Messung erfolgen. Zum Einsetzen des Ziellinienprüfers
für das Justieren und zur Wartung befindet sich hinten am Kasten eine
abschraubbare Platte. Vor dem Kommandantenplatz ist das Hauptbediengerät angebracht.
An ihm befindet sich der Kippschalter zur Wahl der Bedienungspriorität,
also entweder nur Kommandant oder nur Richtschütze können messen. Ein
Druckknopf "Messung" unter einer Schutzklappe dient zur Auslösung
der Messung.
 Kommandantenbediengerät
 Richtschützenbediengerät
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Die gemessenen Entfernung wird in einem vierstelligen Ziffernfeld darüber
angezeigt. Werden zwei Laserechos empfangen, wird das an einer Signalleuchte
angezeigt, in diesem Fall muss der Kommandant entscheiden welche Entfernung
zu verwenden ist. Dazu drückt der Kommandant wahlweise die Tastschalter
Echo1 oder Echo2 und liest die entsprechenden Werte ab. Danach übermittelt
der Kommandant den gewählten Wert an den Richtschützen, der ihn an seinem Zielfernrohr
einstellt, oder benutzt sein eigenes Zielfernrohr und schießt selbst.
Eine automatische Eingabe der Werte in die Zielfernrohre war nicht vorgesehen.
Der Richtschütze konnte
an seinem Platz den Laser-Entfernungsmesser ebenfalls bedienen. Dazu
ist auf dem Richtpult mit den Richtgriffen ein Bediengerät aufgeschraubt.
Es besitzt, bis auf den Prioritätenschalter und die Testfunktionen die
gleichen Schalter wie das Kommandantenbediengerät. Ein zuklappbarer
Deckel schützt vor unbeabsichtigter Bedienung und bei Nichtbenutzung.
Der Schalter "Messung" befindet sich an der rechten Geräteseite,
unmittelbar links vom rechten Richtgriff und ist mit einer Klappe gegen
unbeabsichtigte Betätigung geschützt.
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 Seitenrichtanzeiger
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Als ergänzende Richteinrichtungen
sind eine Erhöhungslibelle und ein Seitenrichtanzeiger
vorhanden. Die Libelle vom Typ M1A3 befindet sich am
rechten Wiegenschild beim Richtschützen. Der Seitenrichtanzeiger
befindet sich ungewöhnlicherweise auf dem Turmkorbboden
auf der Seite des Richtschützen. Sein Schauglas ist
beleuchtet. Die Anzeige erfolgt mit Teilringscheibe
und Nonius.
In den folgenden Jahren
wurde der Kürassier modernisiert und unter anderem mit
einer modernen Feuerleitanlage ausgestattet. Diese schloss
einen ballistischen Rechner und ein Wärmebildgerät ein.
Die Leistungsdaten dieser Feuerleitanlage liegen auf
dem Niveau der moderner Kampfpanzer. Eine eingehende
Beschreibung erfolgt im Part 2.
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