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Panzer 68

Der Feuerleitanlage des Panzer 68

Pz68_027.jpgIn den 50er Jahren waren die Schweizer Panzertuppen zunächst mit französischen AMX-13 und britischen Centurion ausgerüstet worden. Es zeigte sich jedoch rasch, dass diese Kampfpanzer nur ungenügend an die spezifischen Geländebedingungen der Schweiz angepasst waren. Man entschloss sich deshalb einen eigenen Kampfpanzer zu entwickeln. 1957 wurden 10 Fahrzeuge eines Entwicklungsmusters für Versuchszwecke bestellt, die unter der Typenbezeichnung Panzer 58 übernommen wurden. Nach vielen Tests und Überarbeitungen wurde der Kampfpanzer im Jahre 1961 unter der Bezeichnung Panzer 61 in die Bewaffnung der Schweizer Streitkräfte übernommen. Die Entwickler hatten einen Kampfpanzer konstruiert, der mit den in dieser Zeit verfügbaren Mustern auf vergleichbarem Niveau lag. Insbesondere das Basisfahrzeug präsentierte sich mit einigen sehr fortschrittlichen Lösungen. Im Verlaufe seiner erfolgreichen über 25jährigen Nutzung wurde der Panzer 61 mehrmals modernisiert. Die Erfahrungen mit dem Panzer 61 mündeten schließlich in eine umfassende Neuentwicklung, den Panzer 68. Im Jahre 1975 erhielt der Panzer 68 einen neuen größeren Turm und im Jahre 1988 eine automatische Feuerleitanlage mit einem hochmodernen Hauptzielfernrohr mit Laser-Entfernungsmesser. Diese letzte Version ist bekannt geworden unter der Bezeichung Panzer 68/88.
Im Folgenden wird ein Überblick über die Feuerleitanlage des Panzer 68 gegeben, wie sie dem Rüststand Anfang der 80er Jahre entsprach. Zu späteren Baulosen und Modernisierungen des Panzer 68 kann es Abweichungen geben.

Der Kommandant des Pz 68 erhielt eine feststehende Kuppel mit 8 großen Winkelspiegeln zur Rundumbeobachtung. Für das geschützte Beobachten aus der geöffneten Luke kann die Luke in drei Positonen arretiert Pz68_028.jpgwerden. Möglicherweise aus Kostengründen verzichteten die Entwickler auf ein vergrößerndes Beobachtungsgerät in einer um 360° drehbaren Kuppel, wie es zuvor den Kommandanten der Panzer 55, so die Schweizer Bezeichnung des britischen Kampfpanzers Centurion, zur Verfügung gestanden hatte.
Analog des französischen AMX-30 hat der Kommandant die Aufgabe, den Entfernungsmesser, der sich hinter dem Richtschützen befindet, zu bedienen. Der Entfernungsmesser, eine Entwicklung der Schweizer Firma Wild, besitzt eine Messbasis vom 1550 mm und einen Messbereich von 400 ... 4000 m, bei einer 8-fachen Vergrößerung. Es handelt sich um einen Schnittbildentfernungsmesser mit Messfenster. Diese monokulare Gerät erfüllte gleichzeitig die Funktion eines doublierenden Zielfernrohres. Das linke Bild zeigt die Bedienelemente des sogenannten Telemeters. Das rechte der beiden Okulare ist das Okular des Zielfernrohrteils mit dem Entfernungsmessfenster, das linke Okular ermöglicht die Sicht auf die Entfernungsanzeige. Unterhalb der Okulare an der Unterseite des Gehäuses befindet sich der Drehknopf für die Entfernungsermittlung. Links der beiden Okulare Pz68_012.jpgbefindet sich die Entfernungseinstelleinrichtung, mit deren Hilfe die zuvor ermittelte Entfernung manuell einzustellen ist. Beim Einstellen der Entfernung durch den Kommandanten wird gleichlaufend auch die Entfernung im Richtschützenzielfernrohr eingestellt. Die Entfernungstrommel, der Drehknopf für die Einstellung der Schussentfernung, ragt unterhalb der Entfernungseinstelleinrichtung nach schräg rechts heraus. In dem rötlich erscheinenden Sichtfenster der Entfernungseinstelleinrichtung, oberhalb des vorstehenden Zapfens, sind die verschiedenen Skalen entsprechend der verwendeten Munitionsarten enthalten. Zur besseren Unterscheidung sind die Skalen unterschiedlich gefärbt. Die einstellbaren Schussentfernungen betragen für das APDS-Geschosse (rote Skala) bis 3000 m, für die Spreng-Granate und die Brand-Nebel-Granate bis 5000 m (grüne Skale) und für die Panzer-Spreng-Granate (HESH) (orange Skale) bis 4500 m. Mit dem 7,5 mm Turm-MG (rote Skala) kann bis 1500 m geschossen werden. Mit Hilfe des Drehknopfes an der rechten unteren Seite der Entfernungstrommel können Tages-Korrekturen für den Erhöhungswinkel eingestellt werden. Das ermöglicht die Berücksichtigung von Bedingungen, die von den schusstafelmäßigen Werten abweichen oder die Korrektur nicht Pz68_005.jpgnormaler Trefferlagen. Das Farbfoto zeigt einen Blick durch das Telemeter des Kommandanten. Das Strichbild mit dem zentralen Doppelfadenkreuz und waagerechten Hilfsstrichen von 25 Strich nach beiden Seiten, entspricht dem des Richtschützenzielfernrohres. Zusätzlich erscheint im Sichtfeld das Messfenster. Dabei schneidet sich das Teilbild des Entfernungsmessers mit dem Hauptsichtfeld. Durch das Angleichen der beiden Teilbilder wird die korrekte Entfernung eingestellt. Alle Skalen sind elektrisch beleuchtet und dimmbar. Mit Hilfe des Entfernungsmessers kann der Kommandant, wie schon ausgeführt, selbständig das Feuer führen. Dazu bietet die elektrohydraulische Richtanlage dem Kommandanten die Möglichkeit, die Turmsteuerung vollständig zu übernehmen. Das linke Bild zeigt den Richtgriff des Kommandanten. Beim Umfassen des Richtgriffes wird ein Tastschalter betätigt, der die Funktion der Richtanlage vom Richtschützen auf den Kommandanten umschaltet. Mit einem Tastschalter am Richtgriff wird die jeweils eingeschaltete Waffe, Kanone oder Turm-MG, abgefeuert. Bei einem möglichen Versagen der elektrischen Abfeuerung kann die Kanone mit einem Stoßgenerator abgefeuert werden. Der Stoßgenerator, rechts unterhalb des Richtgriffes, ist mit einer weißen Schutzkappe gegen versehentliches Betätigen geschützt. Direkt unterhalb des Richtgriffes befindet sich ein Prüfschaltkasten der Richtanlage. Schließlich befindet sich links unterhalb des Richtgriffes die sogenannte Seitenrichtuhr für das Schießen bei Nacht oder im indirekten Richten nach zuvor ermittelten Werten.

Pz68_026.jpgPz68_025.jpgPz68_027.jpg

Der Richtschütze verfügt über ein periskopisches Zielfernrohr mit wahlweise 8-facher oder 2,7-facher Vergrößerung. Im Sichtfeld des ebenfalls von der Schweizer Firma Wild entwickelten Zielfernrohres ist das gleiche Strichbild wie im Entfernungsmesser dargestellt, es fehlt lediglich das Messfenster. Das linke Bild zeigt den Arbeitsplatz des Richtschützen. Das rechte Okular gehört zum Zielfernrohr. Mit dem rechts angebrachten Drehknopf werden Korrekturen der tagesaktuellen Werte in der Seite und mit dem unten herausragenden Drehknopf der tagesaktuellen Werte in der Höhe eingestellt. Der weiße, nach unten rechts ragende Zylinder beinhaltet die elektrische Feuerblende. Im Moment des Abfeuerns wird kurzzeitig eine elektromechanische Blende im Sichtfeld des Zielfernrohres geschlossen um eine Blendung des Richtschützen, insbesondere bei Nacht, durch das Mündungsfeuer der Kanone zu verhindern. Hinter der Betätigung der Feuerblende befindet sich der Vergrößerungsumstellhebel. Mit Hilfe des großen Rasthebels rechts hinter dem Zielfernrohr wird die gepanzerte Schutzblende vor dem Objektiv an der Turmoberseite geöffnet. Interessanterweise besitzt dieses Zielfernrohr keine Entfernungsskala im Sichtfeld des Okulars. Zum Ablesen und Einstellen der vom Kommandanten ermittelten oder geschätzten Entfernung blickt der Richtschütze mit dem linken Auge in das Okular der Entfernungseinstelleinrichtung. Diese Entfernungseinstelleinrichtung ist links des Zielfernrohres erkennbar. Von oben links ragt das weiße, kastenförmige Mittelteil der Entfernungseinstelleinrichtung in das Bild hinein. Es folgt ein zylindrisches Teil, an dessen Ende sich ein weißer quadratischer Kasten befindet. Das zylindrische Teil ist der gerändelte Drehgriff der Entfernungseinstellung des Richtschützen. In dem weißen Abschlußkasten befindet sich die Skaleneinrichtung, analog wie beim Entfernungsmesser beschrieben. Mit dem linken Okular wird direkt auf diese Entfernungsskale geblickt. Um ein ungewolltes Verdrehen der Entfernungseinstellung zu vermeiden, muss der Richtschütze vor dem Einstellen den Drehgriff nach vorne drücken.
 

Pz68_009.jpgDas linke Bild zeigt abschließend noch einen Blick auf die Richteinrichtungen des Schützen. Rechts am Turmdrehkranz befindet sich der elektrohydraulische Seitenrichtantrieb. An dessen rechter Oberseite befindet sich die Handrichtkurbel. An der linken Seite ragt der Kugelgriff der einstellbaren Bremse hervor. Sie ermöglicht ein gleichmäßiges und ruckfreies Handrichten auch bei Schräglagen des Panzers. Oben auf dem Richtantrieb sind die hornartigen Richtgriffe der Richtanlage zu erkennen, der sogenannte Steuerposten. An den Richtgriffen befinden sich je zwei identische Abfeuerungstaster und je zwei seitliche Handballenschalter, die aus Sicherheitsgründen erst bei Umfassen der Griffe die elektrohydraulische Richtanlage freischalten. An der Frontseite der Richtgriffeinrichtung befinden sich je zwei Potentiometer zum Driftabgleich Höhe und Seite in den Betriebsarten Hydraulisches Richten/Waffenstabilisierung, der Umschalter für die Betriebsarten Hydraulisches Richten/Waffenstabilisierung, ein Betriebstundenzähler und zwei Kontrollleuchten.. Die linke, grüne Leuchte zeigt den nichtstabilisierten Betrieb der hydraulischen Richtanlage an, die rechte, gelbe Kontrollleuchte signalisiert den Betrieb der Waffenstabilisierung. An der rechten Seite der Kanone, links im Bild, befindet sich der abklappbare Handgriff der manuellen Höhenrichtanlage mit einem Taster für die elektrische Abfeuerung. Beim Drehen der Höhenrichtkurbel wird die Antriebswelle des Hydromotors des Zahnstangen-Richtgetriebes übersteuert. Bei Nichtbenutzung kann der Handgriff umgeklappt und eingerastet werden. Ein Erhöhungquadrant (nicht dargestellt) für das Schießen im indirekten Richten oder nach zuvor ermittelten Werten komplettiert die Richtmittel des Schützen.

Pz68_003.jpgAn der rechten Turmseite unter dem Kommandantensitz ist der Hauptschaltkasten angebracht. Ihn zeigt das linke Bild. Von oben links sind folgende Schalter enthalten: Der Tastschalter NEBELWERFER, der Tastschalter NOTRICHTEN unter einer Schutzklappe, die beiden Schalter BELÜFTUNG und HEIZUNG für den Kampfraum, darunter von links nach rechts der Schalter PUMPENMOTOR für die Hydraulikpumpe der Richtanlage, der Hauptschalter WAFFEN für die Stromkreise der Abfeuerung, der Richtschützenhauptschalter unter einer Schutzklappe und die Schalter INSTRUMENTENBELEUCHTUNG und BELEUCHTUNG. Rechts in der unteren Reihe befindet sich unter einer Schutzklappe noch der Schalter der Vorheizung des Hydrauliköls der Richtanlage. In der unteren Reihe befinden sich die Sicherungsautomaten der entsprechenden Stromkreise.

Pz68_013.jpgWeitere Bedienfunktionen für den Kommandanten befinden sich am Schalterkasten Kommandant/Ladeschütze, der an der Turmdecke hinter dem Bodenstück der Kanone befestigt ist. An dessen rechter Seite befinden sich die Schalter für das Einschalten und Auslösen der rechten oder linken Nebelwerfer an der Turmaußenseite und Kontrollleuchten für die Feuerbereitschaft der Nebelwerfer und der Kanone, sowie Kontrollleuchten für die Fahrerlukenstellung, die Rohranhebeautomatik beim Richten im Heckbereich und den Schaltzustand des Turmhauptschalters. Das linke Bild zeigt diesen Schaltkasten aus Sicht des Ladeschützen. An der linken Seite ist der große Tastschalter für die Freigabe der Abfeuerung durch den Ladeschützen nach Abschluß des Ladevorganges angebracht. Eine Kontrollleuchte zeigt den Schaltzustand SCHUSSBEREIT an. Ein Sicherheitsschalter ermöglicht es dem Ladeschützen, bei Notwendigkeit die hydraulische Richtanlage außer Funktion zu setzen. An der unteren Seite des Schaltkastens befinden sich drei Drehgriffe für das Einstellen von Werten bei Prüfarbeiten an der Richtanlage.

Pz68_013.jpgDer Schaltkasten des Richtschützen, den das linke Bild zeigt, umfasst links oben den Drehknopf zur Dimmung der Kontrollleuchten, darunter den Tastschalter für die Scheibenheizung der beiden Richtoptiken, den Tastschalter für den Scheibenwischer vor der Ausblickscheibe des Zielfernrohres, ganz unten den Waffenwahlschalter "10,5 cm / MG" sowie an der rechten Seite einen Prüfschalter für die Waffenstabilisierung mit Kontrollleuchte und eine Steckdose. Rechts des Schaltkastens ist der Bedien- und Anschlusskasten des Richtschützens für die Bordsprechanlage angebracht. Der schwarze Gummi dazwischen dient als Schutzpolster für die Besatzung..

Wegen seiner konstruktiven Besonderheit hier noch eine Prinzipdarstellung der mechanischen und optischen Wirkungsweise der Visiereinrichtung des Panzer 68.
Ein Parallelogramgestänge (gelb) verbindet das kippbare Ausblickprisma des Richtschützenzielfernrohres (grün, links) mit den Bewegungen der Kanonenwiege. Eine Verbindungsstange (hellrot) überträgt die vertikalen Bewegungen der Kanonenwiege gleichlaufend auch an den um seine Längsachse drehbaren Entfernungsmesser (grün, rechts). Dadurch sind die Bewegungen der Kanone sowie der Visierlinien des Zielfernrohres und des Entfernungsmessers aufeinander abgeglichen. Die zentralen Richtmarken beider Optiken zeigen auf den gleichen Justierpunkt, der bei 1500 m liegen soll. Die Verbindungsstange ist so aufgebaut, dass durch Verdrehen einer integrierten Spindeleinrichtungen (hellrot) über Schneckengetriebe die Winkeldifferenz zwischen der Rohrseelenachse und den Visierlinien gleichzeitig beider Optiken eingestellt wird. Dies ist sowohl beim Kommandanten als auch beim Richtschützen möglich (dunkelrot). Diese Winkeldifferenz entspricht dem Erhöhungswinkel in Abhängigkeit von der gewählten Schußentfernung und Munitionsart.

Für das Schießen bei Nacht sind beim Panzer 68 keinerlei Infrarot-Nachtsichtgeräte vorhanden. Entsprechend der üblichen Einsatzverfahren sollte bei Nacht das Gefechtsfeld durch künstliche Beleuchtung erhellt werden. Dazu wurde später auf der Turmdecke zwischen der Kommandanten- und der Ladeschützenluke ein einrohriger Lyran-Werfer montiert. Mit ihm war es möglich Leuchtgeschosse abzufeuern. Zum Einstellen der geforderten Entfernung besaß der Lyran-Werfer eine Wasserwaage mit Leuchtstoff und ein Zahnsegment im Richtbereich von 0...160°. Die Lage des Leuchtpunktes konnte darüber hinaus am Leuchtgeschoss durch einen tempierbaren Zünder und Zusatzladungen bestimmt werden. In der Horizontale wurde der Lyran-Werfer durch Drehen des gesamten Turmes gerichtet. Das Abfeuern erfolgte durch den Kommandanten.

Spätestens Mitte der 80er Jahre war klar, dass die bisherige optische Ausstattung nicht mehr den Anforderungen genügen würde. Im Jahre 1988 wurde deshalb der Panzer 68 erneut modernisiert und mit einem neuen Hauptzielfernrohr PERI-ZL68 der Firma Carl Zeiss Optronik ausgestattet. Die modernisierte Version erhielt die Bezeichnung Panzer 68/88.

Die ursprünglichen Panzer 68 wurde bis in Jahr 1999 und die modernisierte Panzer 68/88 bis ins Jahre 2004 eingesetzt. In Folge der Auflösung der mit ihnen ausgerüsteten Panzerbataillone wurden sie zunächst eingelagert und nach erfolglosen Verkaufsbemühungen bis auf wenige Sammlerexemplare verschrottet. Somit ging die nicht immer einfache, aber letztendlich durchaus erfolgreiche Epoche der Schweizer Kampfpanzerentwicklung nach über 47 Jahren zu Ende.
 

Mit freundlicher Unterstützung durch das Schweizerische Militärmuseum Full

und durch das Schweizer Armeemuseum, das weitere Informationen bietet.
 

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Stefan Kotsch