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Panzerzielfernrohre

Aus der Geschichte der sowjetischen Panzerzielfernrohre

War in den langen Jahren des kalten Krieges die Technologie der sowjetischen Kampfpanzer mit einem Schleier der Geheimhaltung umgeben, so gilt dies in ganz besonderem Maße für ihre Ausstattung mit Feuerleitanlagen und optischen Geräten. Bis Ende der 20er Jahre verfügten die jungen sowjetischen Streitkräfte lediglich über eine zahlenmäßig recht unbedeutende Panzertruppe, die mit einem Sammelsurium verschiedenster Gefechtsfahrzeuge aus unterschiedlichsten Herkunftsländern, sowie aus der beginnenden Eigenproduktion bestand. Aber bereits Ende der 20er Jahre hatte die Sowjetunion die zukünftige Bedeutung einer kampfstarken Panzertruppe erkannt und eine intensive Forschungs- und Entwicklungsarbeit begonnen. Deutschland, dass im Ergebnis des ersten Weltkrieges empfindliche Rüstungsbeschränkungen hinnehmen musste, erhielt von der sowjetischen Führung die Möglichkeit eingeräumt, in der UdSSR eigene militärtechnische Forschungen, gemeinsam mit sowjetischen Fachleuten, zu betreiben. Im Jahr 1929 erging in der UdSSR ein entsprechender Regierungsbeschluss zur Schaffung einer modernen Panzertruppe.
In Zusammenhang damit wurden Verhandlungsgrundsätze für die Bestellung von Panzerzielfernrohren in Deutschland und deren Produktion in sowjetischen Werken festgelegt. Ein Jahr später nahm in der sowjetischen Stadt Kasan ein Konstruktionsbüro mit deutschen Spezialisten für Zielfernrohre die Arbeit auf und entwarf bis 1933 etwa 70 verschiedene Muster von Zielfernrohren für Richtschützen und Kommandanten. Die ersten Muster wiesen unvermeidlich zahlreiche Mängel auf, schließlich bewegten sich die Konstrukteure auf völligen Neuland. Die ersten Zielfernrohre waren faktisch für den harten Truppeneinsatz ungeeignet und mussten mit hohem zeitlichen Aufwand vervollkommnet werden.
Seit Anfang der 30er Jahre war die sowjetische Industrie in der Lage, auf der Basis auf dem internationalen Markt beschaffter Panzerfahrzeuge, eine ausgesprochen leistungsfähige eigene Panzerproduktion aufzubauen. Die Konstrukteure zeigten sich rasch in der Lage, aus den im Ausland eingekauften Panzerfahrzeugen eine eigene Fahrzeugreihe zu entwickeln, die den Ursprungsmustern in vielen Bereichen überlegen waren. Dabei hatten die sowjetischen Entwickler gerade auch den optischen Geräten und Zielfernrohren einen hohen Stellenwert beigemessen. Die Panzer der 30er Jahre, insbesondere der T-26 und die BT-5 und BT-7, galten damals als ausgesprochen moderne Kampfpanzer. Ihre Feuerleitanlage umfasste eine recht aufwändige Ausstattung mit Zielfernrohren und optischen Geräten. Erste Zielfernrohre mit Visierlinienstabilisierung wurden in Serie produziert. Die zukunftsweisenden Entwicklungen wurden jedoch durch den Weltkrieg unterbrochen - zugunsten unkomplizierter und in großen Massen herstellbarer Zielfernrohre. Bei Kriegsende wurden die Forschungsarbeiten sofort wieder aufgenommen. So konnten schon Ende der 50er Jahre Zielfernrohre mit unabhängiger Stabilisierung der Visierlinie in der vertikalen Ebene in Serienpanzer eingebaut werden. Nur wenig später waren Zielfernrohre mit unabhängiger Stabilisierung der Visierlinie in zwei Ebenen in Verbindung mit einer Waffennachführanlage serienreif. Zu dieser Zeit besaßen nur wenige westliche Kampfpanzer überhaupt eine Waffenstabilisierungsanlage. Allerdings war die Sowjetunion aus verschiedenen Gründen über mehrere Jahrzehnte nicht in der Lage, diese technologisch hochwertigen Zielfernrohre für alle produzierten Kampfpanzer bereitzustellen. So blieb beispielsweise das auf internationalem Spitzenniveau seiner Zeit stehenden Zielfernrohr 1G42 ausschließlich den Kampfpanzern T-64B und T-80B vorbehalten. Der in bedeutend größerer Anzahl produzierte T-72 musste sich mit dem einfacheren Zielfernrohr TPD-2-49 bzw. TPD-K1 zufrieden geben.
Die Entwicklungsgeschichte teilte sich in mehrere Perioden auf, die Vorkriegszeit, die Zeit des großen vaterländischen Krieges, die Nachkriegsperiode bis Anfang der 60er Jahre und die folgende Zeit bis zur Jahrtausendwende.

Der Artikel unterliegt der weiteren Fortschreibung. Stand 25.05.2009

Teil 1  Teil 2  Tabellen, Bildquellen, Literatur

 

Sowjetische Panzerzielfernrohre von Anfang der dreißiger Jahre bis Mitte der fünfziger Jahre

Anfang der 30er Jahre kaufte die Sowjetunion in Großbritannien den Vickers 6 Tonnen Panzer und in den USA zwei Fahrgestelle des Konstrukteurs Christi. Weder in Großbritannien noch in den USA hatte man das Potential beider Panzer richtig erkannt. Die Sowjetunion entwickelte den britischen Panzer zum T-26 weiter und das Fahrgestell von Christi zum T-26_FLA.jpgBT-2, dem ersten Muster der BT Panzerfamilie, die mit dem BT-7M sehr erfolgreich endete. Bekannt wurden beide Panzer vor allem in der Version mit dem Zweimann-Drehturm, bewaffnet mit der 45 mm Kanone, der in sehr ähnlicher Konzeption als Standardturm aller sowjetischen Kampfpanzer der damaligen Zeit gelten kann. Die typische Feuerleitausstattung umfasste zwei voneinander unabhängige Zielfernrohre für den Richtschützen, dabei ein Teleskopzielfernrohr TOP und ein Rundblickzielfernrohr PT-1, sowie ein Rundblickfernrohr PT-K für den Kommandanten, der zugleich die Funktion des Ladeschützen wahrnahm. Das Rundblickzielfernrohr PT-1 Modell 1932 ist links im Turm eingebaut und verfügt über die damals übliche 2,5-fache Vergrößerung. Im Sichtfeld befindet sich ein großes zentrales Richtkreuz und eine bogenförmige Entfernungsskala wie sie sich später auch in den deutschen Panzerzielfernrohren wiederfindet. Die Entfernungsmarken dieser Skala entsprechen der Panzersprenggranate bzw. dem panzerbrechenden Unterkalibergeschoss bei einer Visierschussweite von 3600 Metern. Für das Schießen mit der Splittergranate und dem koxialen Maschinengewehr ist außen an der linken Gehäuseseite des PT-1 eine weitere Entfernungsskala angebracht. Zur Berücksichtigung von Seitenwind und Vorhalte beim Schießen auf bewegliche PT-1_1932.jpgPT-1_1932_02.jpgZiele kann das Richtkreuz seitlich bewegt werden, dazu ist eine zusätzliche horizontale Skala unterhalb des Richtkreuzes vorhanden. Den vertikalen Richtbewegungen der Kanone folgte das PT-1 über ein mit der Kanonenwiege verbundenes Gestänge. Wegen der vielen Lager im Übertragungsgestänge zwischen PT-1 und Kanone und der unvermeidlichen Lagerspiele musste das Zielfernrohr regelmäßig nachjustiert werden. Bei den damals üblichen Schussentfernungen scheint sich dies aber nicht übermäßig nachteilig ausgewirkt zu haben, denn Rundblickzielfernrohre gleicher Bauart finden sich sogar noch im T-34/76 wieder, der teilweise bis in die Nachkriegszeit eingesetzt wurde. Zielfernrohre der Baureihe PT wurden in mehreren Modifikationen für unterschiedlichste Panzer und Jagdpanzer gebaut.
Als Zweitzielfernrohr ist, ebenfalls links im Turm untergebracht, ein telekopisches Zielfernrohr TOP (45 mm Kanone mit mechanischer Abfeuerung) bzw. TOP-1 (45 mm Kanone mit elektrogalvanischer Abfeuerung) eingebaut. Dieses TOP TOP-1_1934.jpgverfügt noch nicht über ein optisches Gelenk und ist mit der Objektivbaugruppe starr in eine Halterung in der Walzenblende eingesetzt. Der Richtschütze musste somit beim Richten der Kanone den vertikalen Bewegungen des Okulars folgen. Das TOP Muster 1930 zeigt in seinem 2,5-fach vergrößernden Sichtfeld ein gitterförmiges Strichbild, dessen Entfernungsmarken von 200 bis 1000 Meter nur für das Schießen mit dem koaxialen Maschinengewehr vorgesehen waren. Für das Schießen mit der Kanonenmunition ist links außen am Zielfernohr eine gesonderte Entfernungstrommel für panzerbrechende Geschosse und Splittergranaten angebracht. Zur Berücksichtigung von Vorhalte und Seitenwind wurde die horizontale Teilung des Gitternetzes verwendet. Einen interessanten TOS.jpgVersuch zur Verbesserung der Treffgenauigkeit beim Schießen aus der Bewegung mit den damals noch nicht mit einer Waffenstabilisierung ausgestatteten Panzern unternahmen 1937 die Ingenieure W. A. Pavlov und A. S. Tumanovy mit dem Zielfernohr TOS, das auf dem TOP basiert und eine elektromechanisch mit einem Kreisel stabilisierte Visierlinie in der Vertikalen besaß. Ein sogenannter Schießautomat gab die elektrogalvanische Abfeuerung der Kanone nur dann frei, wenn die während der Fahrt unstabilisiert schwingende Kanone die korrekte Erhöhungslinie passierte. Ein treffsicheres Schießen auf große Entfernung ist natürlich mit dieser Kreiselabfeuerungseinrichtung nicht möglich, aber die Truppenerprobungen sind offensichtlich so zufriedenstellend abgeschlossen worden, dass das TOS für den serienmäßigen Einbau im BT-7M freigegeben wurde. Immerhin sind vom BT-7M ab 1939 noch cirka 700 Panzer hergestellt worden, bis die Produktion vollständig auf den T-34 umgestellt wurde. Die optische Charakteristik des TOS und das Strichbild PTK_1933.jpegPTK_1933_02.jpegentsprachen dabei dem TOP des Jahres 1930. Dem Kommandant der BT und T-26 stand eine vereinfachte Version des Rundblickzielfernrohres zur Verfügung, nämlich das Rundblickfernrohr PT-K. Anders als beim PT-1 bestand keinerlei Verbindung zur Kanone, ein Schießen mit dem PT-K war nicht möglich. Es diente lediglich der Rundumbeobachtung durch den Kommandanten, eine Kommandantenkuppel war in den 30er Jahren noch nicht für notwendig erachtet worden, und es diente zusätzlich der Bestimmung der Zielentfernung und der Korrektur des Schießens. Diesem Zweck entsprechend bestand das Strichbild aus einem Zentralkreuz und je einer vertikalen und horizontalen Skala im militärischen Strichmaß. Das Sichtfeld wurde in der Höhe manuell durch einen Schwenkgriff gerichtet, in der Seite durch einen großen Drehgriff an der Unterseite des PT-K. Das Kürzel PT-K steht für die Bezeichnung Panoramasichtgerät für Panzerkommandanten. Eine analoge Anordnung gleicher Zielfernrohre ist in diesen Jahren in verschiedenen weiteren sowjetischen Panzertypen anzutreffen, die mit einer vergleichbaren Kanonenbewaffnung ausgerüstet wurden, so im Panzer T-29 und den schweren Panzern T-28 und T-35.
Der Nachfolger des BT-7M sollte der berühmte Panzer T-34 werden, dessen Entwicklung seit 1937 in Charkov unter Leitung von Hauptkonstrukteur Mikhail Koshkin anlief. Die Ausstattung des T-34 mit Zielfernrohren und optischen Geräten wurde nach dem selben bewährten Muster wie bereits beim recht erfolgreichen BT-7M ausgewählt. Allerdings musste die Aufgabenverteilung im Zweimannturm gegenüber dem BT-7M verändert werden. Die 45 mm Kanone der BT und auch der T-26 konnte noch vom PTK-001.jpgPT-4-7_T-34-76_Strichbild.jpegKommandanten in Zweitfunktion geladen werden, ohne ihn in unvertretbarem Maße in seinen Führungsaufgaben zu beeinträchtigen. Die erheblich längeren und schwereren Patronen der 76,2 mm Langrohrkanone mussten durch einen Ladeschützen geladen werden, so dass der Kommandant auf die linke Turmseite wechselte und gleichzeitig die Aufgabe des Richtschützen übernahm, was durchaus als ein Rückschritt angesehen werden kann. Auch eine Kommandantenkuppel mit 360 Grad Rundumsicht, wie sie in Deutschland beim leichten Panzer II zum ersten mal auftauchte, war noch nicht für notwendig erachtet worden. Die Kommandanten der ersten T-34/76 fanden an ihrem Arbeitsplatz ein Rundblickzielfernrohr der Familie PT vor und als Zweitzielfernrohr ein Teleskopzielfernrohr TMFD. Dabei besaß auch das TMFD noch kein optisches Gelenk, so dass der Kommandant beim Anrichten mit seinem Kopf den vertikalen Richtbewegungen der Kanone folgen musste. Die typische Anordnung besteht in der Unterbringung des Teleskopzielfernohres unmittelbar rechts der Kanone und des Rundblickzielfernrohres links davon. Eine gleiche Ausstattung findet sich auch im schweren Panzer KV-1 und sogar in den ersten T-34/85.
Das Rundblickzielfernrohr PT-4 ist eine modernisierte Version des ursprünglichen PT-1, bei dem einige bekannte Probleme beseitigt wurden und die Bedienung vereinfacht wurde. Mit der am hinteren unteren Gehäusekasten befindlichen Rändelschraube konnte das Zielfernrohr zur Geländebeobachtung um 360 Grad verdreht werden. Die Rändelschraube unter dem Okular diente der Einstellung der Schussentfernung und mit der links vom Okular befindlichen Rändelschraube verstellte TMFD-7.jpg Zielfernrohr_TMFD.jpgder Schütze senkrechte Linie der Vorhaltemarke. Das Strichbild wurde erheblich modifiziert und ermöglicht nun die Einstellung der Schussentfernung für Panzergranate "Б" und Splittersprenggranate "O" sowie für das 7,62 mm Koaxial-Maschinengewehr "П". Zum Schutz des Ausblickprismas vor Beschuss und Splittern ist das Prisma mit einer mitdrehenden Panzerhaube versehen, die verschiedentlich nicht montiert war oder durch eine leichte Wetterschutzhaube ersetzt wurde, die bei Benutzung des Rundblickfernrohres seitlich umgeklappt wurde.
Das telekopische Zielfernrohr TMFD ist weitestgehend analog zum Zielfernrohr TOP aufgebaut. Auch beim TMFD besitzt das Objektiv einen zweifach gewinkelten Strahlengang. Dadurch wurde die optische Achse des Okulars nach oben versetzt. Der Zweck besteht offensichtlich darin, das Okular mit seinem hinteren Ende gegen eine Panzerplatte in der Rohrwiege abzustützen, um einen zufälligen Treffer ins Objektiv aufzufangen und so den Schützen vor Verletzung zu bewahren. Das Strichbild glichen die Entwickler dem des Rundblickzielfernrohres PT-4 an. Im Sichtfeld des TMFD befinden sich die Entfernungsskalen für das TMFD_und_PTK_KW-1.jpgKoaxial-Maschinengewehr und für die Splittersprenggranate, sowie je nach Modifikation auch weitere Entfernungsskalen, z.B. für die Panzergranate. Mit der Rändelschraube unterhalb des Okulars wird wie beim Rundblickzielfernrohr PT-4 der horizontale Strich des Richtkreuzes an der ausgewählten Entfernungsmarke und mit der Rändelschraube links des Okulars der vertikale Strich an der erforderlichen Vorhaltemarke ausgerichtet. Die empfohlene Justierentfernung für den T-34/76 betrug für die beiden Zielfernrohre 600 Meter. Ein Wert der relativ gering erscheinen mag, der aber unverkennbar an den geltenden taktischen Vorgaben und der ballistischen Leistung der 76 mm Kanone ausgerichtet war und der auch der niedrigen 2,5-fachen Vergrößerung enspricht. Ohnehin wurden die meisten Panzergefechte auf eine mittlere Entfernung von 800 m geführt. Als Grundzielfernrohr wurde zuerst das TMFD justiert, da es auf Grund seiner starren Verbindung mit der Kanone besonders justierbeständig war. Anschließend wurde das Rundblickzielfernrohr auf das TMFD nachjustiert. So war es im Verlaufe des Gefechts möglich, rasch die Justierung des Rundblickzielfernrohres zu prüfen und gegebenenfalls nachzustellen.
Rundblickzielfernrohre der Baureihe PT und Teleskopzielfernrohre der Baureihe TMF bzw. TOP wurden im sowjetischen Panzerbau bis etwa Ende 1943 verwendet. Sie fanden gleichfalls Einsatz in verschiedenen Selbstfahrlafetten, die vorrangig als Panzerjäger und Unterstützungsartillerie des direkten Richtens eingesetzt wurden, wie den ASU-100 / -122 und ISU-152. Zum Ende des Jahres 1943 findet offensichtlich ein Umdenken in den Ansichten der Konstrukteure und Militärs statt. Möglicherweise spielen ökonomische Erwägungen eine große Rolle, denn die bisherige Ausrüstung mit zwei Zielfernrohren ist unter den harten Bedingungen der Kriegsproduktion und der äußerst kurzen Überlebensdauer der Panzer beinahe als Luxus zu bezeichnen. Als Optik für den 360 Grad Rundumblick hatte sich das PT im Gefechts als zu unpraktisch erwiesen und wurde schon beim T-34/76 ab 1942/43 durch die bekannte Kommandantenkuppel ergänzt. Der T-34/85 mit der neuen 85 mm Kanone stand bereits für ein neues Konzept, das den Kommandanten von Tätigkeiten befreite, die ihn beim Führen des Panzers behinderten, was dazu führte, dass er die Aufgaben der Bedienung der Turmbewaffnung vollständig an den Richtschützen abgeben konnte. Der Kommandant nutzte nun die Sichtblöcke der Kommandantenkuppel zur Rundumsicht sowie ein vergrößerndes binokulares Periskopsichtgerät im um 360 Grad drehbaren Lukendeckel zur Beobachtung und Zielaufklärung. Damit entfiel die Notwendigkeit ein zweites Zielfernrohr am Richtschützenplatz unterzubringen. Als einziges Zielfernrohr erhielt der Richtschütze das neuentwickelte TSh-2.jpgZielfernrohr TSh mit der Stichplatte in der Version -16 und einen drehbaren Winkelspiegel Mk.4, zu dessen Herstellung in Großbritannien eine Lizenz erworben worden war. Das TSh-16 stellt eine völlige Neukonstruktion dar, wenn auch die Inspiration für dieses Zielfernrohr vermutlich aus der eingehenden Untersuchung und Auswertung von Beutepanzern herrührt. Waren doch die deutschen mittleren Panzer bereits mit einem Zielfernrohr ähnlicher Konstruktion ausgestattet. Das hervorstechendste Merkmal des TSh ist das optische Gelenk, das es endlich erlaubt, das Objektiv fest im Turm aufzuhängen, da es den vertikalen Richtbewegungen der abgekoppelten Objektivbaugruppe nicht folgt. Die Arbeitsbedingungen des Richtschützen verbesserten sich dadurch erheblich. Die Bezeichnung TSh steht auch folgerichtig für die Begriffe "T" Teleskopisch und "Sh" Scharnierartig., während die Ziffer 16 auf den Kanonentyp verweist. Das TSh findet sich ab 1944 in allen mittleren und schweren sowjetischen Panzern als Hauptzielfernrohr des Richtschützen wieder, so in den T-34/85, den T-44, den IS-2 und IS-3. Das TSh bewährte sich offensichtlich so sehr, dass es in verbesserter Form sogar als TSh2B-41 noch bis etwa Mitte der 70er Jahre in den T-62 eingebaut wurde. Die optische Vergrößerung betrug auch beim TSh-16 lediglich das 2,5-fache. Ein Vergrößerungswechsler wurde angesichts der üblichen Schussentfernungen und wohl auch aus fertigungstechnischen Beweggründen noch nicht für notwendig erachtet. Mit einer Schelle und einer Verbindungsstange kurz hinter dem Okular wird das Objektivrohr so an der Turmdecke aufgehängt, das die Stirnstütze der Sitzhöhe des Schützen entspricht.

Die ersten Entwicklungsmuster des T-54 waren ebenfalls ausgestattet mit dem Zielfernrohr TSh-20, das auf dem TSh Baujahr 1943 basiert. Wegend der leistungsfähigeren 100 mm Kanone D-10 wurde die bis dahin verwendete 2,5-fache Vergrößerung auf eine 4-fache Vergrößerung bei einem Sichtfeld von 16 Grad angehoben. Allerdings kamen aus der Truppe immer wieder Klagen über die zu geringe Vergrößerung. Lediglich den Vergrößerungsfaktor TSh-2-22.jpganzuheben erwies sich bei Erprobungen schließlich als nicht optimal, da bei maximaler Vergrößerung das Sichtfeld erheblich enger wird, was die Gefechtsfeldbeobachtung erschwert. Aus diesem Grund ergänzten die Entwickler das TSh endlich um einen Vergrößerungswechsler, der an der kastenförmigen Verdickung am Objektivrohr erkennbar ist. Das Zielfernrohr erhielt die Bezeichnung TSh2 und eine angehängte weitere Ziffer für den Panzer in dem das TSh2 verwendet wurde. Für den T-54 lautet die genaue Bezeichnung beispielsweise TSh2-22. An der linken Seite des TSh2 befindet sich der Umstellhebel, mit dem eine Linsenbaugruppe im Objektivrohr verdreht wurde. Dabei wird wahlweise auf eine Vergrößerung mit dem Faktor 3,5 bei einem Sichtfeld von 18 Grad oder auf den Vergrößerungsfaktor 7 bei einem Sichtfeld von 9 Grad umgeschaltet. Zusätzlich wurde in die Okularbaugruppe eine Heizung eingebaut, um Kondensatbildung am an der Innenseite des Okulars und ein Überfrieren von außen zu verhindern. Das Strichbild erhielt eine zusätzliche Entfernungsschätzskala. Diese Skala ist auf eine Zielhöhe von 2,7 Meter berechnet und erlaubt das relativ genaue Schätzen der Entfernung innerhalb kurzer Zeit. TSh-45.jpgEin ähnliches Zielfernrohr TSh-45 wurde für den schweren Panzer IS-4 abgeleitet. Der Index -45 verweist hier auf den Einsatz gemeinsam mit der 122 mm Kanone D-25T. Die optische Eigenschaften entsprechen dabei dem TSh2. Interessanterweise wählte man beim TSh-45 eine andere Anordnung der Entfernungsskalen für die Splittersprenggranate, die Panzergranate und das 12,7 mm Koaxialmaschinengewehr DShK. Die Entfernungsskalen befinden sich beim TSh-45 unterhalb des Hauptstachels und der waagerechten Linie der Vorhaltemarken. Es ist anzunehmen, dass die Sichtbedingungen verbessert werden sollten, da die in der oberen Hälfte des Sichtfeldes befindlichen Skalen das Ziel überlagern können. In der Truppenperprobung scheint sich jedoch die Skalenanordnung über dem Hauptstachel durchgesetzt zu haben, denn alle weiteren Zielfernrohre besitzen die Skalen wieder in oberen Hälfte des Sichtfeldes. Eine Entfernungsschätzskale war beim ersten Baumuster des TSh-45 von 1945 noch nicht vorgesehen.

In der zweite Hälfte der 50er Jahre wurde das TSh2 weiter entwickelt. Zunächst entstand das TSh2A, das sich vom TSh2 dadurch unterschied, dass das Okular aus der optischen Achse des Objektivs um 50 mm nach links verschoben wurde. Das tsch-01.jpgweiter verbesserte TSh2B erhielt eine präzisere Kugellagerung des optischen Gelenks, das bis dahin mit Gleitlagern geführt wurde. Außerdem wurde die Okularheizung modifiziert und die Möglichkeit geschaffen, das Splitterschutzglas in der Okularbaugruppe bei Beschädigung auszutauschen ohne die gesamte Okularbaugruppe wechseln zu müssen. Die optischen Eigenschaften aller Zielfernrohr der Baureihe TSh sind jedoch unverändert geblieben. Die Zielfernrohre der Baureihe TSh2 wurden in allen sowjetischen Kampfpanzern der Nachkriegsgeneration verwendet, außer in den schweren Panzern T-10. Die Fotos vom TSh2B-32P des T-55A erlauben einen sehr guten Blick auf die Details. Direkt hinter dem Okular mit gummierter, verstellbarere Stirnstütze folgt an der linken Seite der kleine Hebel zum Einklappen eines Sonnenfilters. Unmittelbar dahinter folgt das Handrad für die Entfernungsverstellung mit der Kardanwelle, welche bis zur Okularbaugruppe führt, in der sich die bewegliche Glasplatte mit den TSCH-2B-32P.jpgeingeätzten Skalen befindet. Der waagerechte Entfernungsfaden selbst ist ein gespannter Stahldraht. Hinter dem Handrad für die Entfernungsverstellung folgt an der linken Seite der Umstellhebel für das Wechseln der Vergrößerung. Auffällig ist die Baugruppe des optischen Gelenks mit den abgeschrägten Außenflächen. Als nächstes folgt die Okularbaugruppe mit dem kastenförmigen Gehäuse, in dem sich die Strichplatte und die Mechanik der Entfernungsverstellung und Justierung befindet. Außerdem ist am Gehäuse auch die beidseitige zapfenförmige Okularaufhängung sowie die Spann- und Arretiereinrichtung an der Oberseite angebracht. Auf der oberen Seite des Zielfernrohrs, mit einer Federklemme befestigt, befindet sich der lange Schlüssel zum Justieren des Zielfernrohrs und zum Spannen der Arretiereinrichtung der vorderen Zielfernrohrhalterung in der Aufnahme an der Kanonenwiege. Schließlich kann mit einem mechanisch betätigten Scheibenwischer das Schutzglas des Okulars gereinigt werden. Bemerkenswert ist die hohe Qualität der optischen Linsen und Gläser. Sie sind so hoch vergütet, dass sie auch bei langer Nutzungsdauer keine nennenswerten Eintrübungen aufweisen. Da alle sowjetischen Panzerfahrzeuge auch für den Einsatz in einem Kernwaffenkrieg konzipiert wurden, bestand ebenfalls die Forderung, dass Winkelspiegel und Zielfernrohre Schocktemperaturen von mindestens 200 Grad Celsius widerstehen und auch unter harter Kernstrahlung frei von Eintrübungen bleiben müssen.
Das Zielfernrohr TSh2B wurde in der Variante TSh2B-41 auch für die Ausstattung der Panzer T-62 ausgewählt, der ab 1961 in einer Serien von etwa 20'000 Fahrzeugen produziert wurde. Das Zielfernrohr TSh2B war das letzte Muster dieser Familie teleskopischer Zielfernrohre. Ende der 70er Jahre war eine Modernisierung der riesigen Flotte an T-55 und T-62 unausweichlich und man erinnerte sich noch einmal der Idee aus den 30er Jahren, die Visierlinie teleskopischer Zielfernrohre wenigstens in der vertikalen Ebene unabhängig zu stabilisieren. So wurden ab 1983 eine große Anzahl von T-55 und T-62 mit Zielfernrohren TShS und TShSM ausgerüstet, die eine solche Blickfeldstabilisierung besaßen.

Als Mitte der 50er Jahre die Entwicklung des geplanten neuen sowjetischen Standardkampfpanzers begann, des späteren T-64, war für dessen Hauptkonstrukteur Morozov klar, dass dies ein Kampfpanzer einer völlig neuen Generation sein würde. Als Hauptzielfernrohr war ein periskopisch in der Turmdecke aufgehängtes Zielfernrohr mit integriertem optischen Entfernungsmesser geplant, das konsequenterweise über eine unabhängige Stabilisierung der Visierline in der vertikalen Ebene verfügte. Dies erschien schon aus dem Grund angebracht, weil der T-64 als erster Kampfpanzer weltweit über eine automatische Ladereinrichtung für seine Kanone verfügte. Dazu aber ausführlicher im Teil 2 der Geschichte sowjetischer Zielfernrohre.

Teil 1  Teil 2  Tabellen, Bildquellen, Literatur

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