[Unten]

  Home    Ladeautomaten   Bewaffnung   Munition   Feuerleitanlagen   Stabilisatoren   Allgemeines   Impressum   Links   Neues  

Inhalt:

Ladeautomaten

Vom T-10 bis zum T-95 - Entwicklung und Perspektiven
automatischer Ladeeinrichtungen für russische Kampfpanzer

Der Artikel unterliegt der weiteren Fortschreibung. Stand 24.11.2009

Das Bestreben den Ladevorgang im Kampfpanzer zu beschleunigen, führte bereits im 2. Weltkrieg zu Überlegungen, eine einfache mechanische Ladehilfe für den deutschen Panzer PANTHER zu entwickeln. Diese Ladeeinrichtung bestand im Wesentlichen aus einer mechanischen Ladeschale mit einem Ansetzer, der seine Energie aus dem Rücklauf der Kanone bezog. Zum Einsatz kam der mit dieser Ladeeinrichtung augestattete Panzer nicht mehr. In Frankreich begann Ende der 40er Jahre die Produktion des leichten Panzers AMX-13, der international erstmalig serienmäßig mit einer mechanischen Ladeeinrichtung ausgestattet war. Diese Ladeeinrichtung umfasste zwei Munitionstrommeln im Turmheck, die manuell angetrieben werden mussten, während der Ansetzer wie beim beschriebenen Modell des PANTHER seine Energie aus dem Rücklauf der Kanone bezog. Die beschossenen Patronenhülsen wurden nach außen aus dem Turm ausgeworfen. In der UdSSR waren in der selben Zeit die Konstruktionsbüros auf dem Weg, den zukünftigen Standardkampfpanzer der sowjetischen Panzertruppe zu entwerfen, der, technologisch aufwändig, zu einer völlig neuen Panzergeneration führen sollte. Ohne Zweifel flossen die deutschen und französischen Erfahrungen in die Überlegungen der sowjetischen Entwickler ein.

Mitte der 50er Jahre Bild_01_T-62.jpgarbeitete das Entwicklerteam von URALVAGONZAVOD am Projekt Objekt 165, einem Kampfpanzer mit der gezogenen 100 mm Kanone D-54, deren Patronen eine Länge erreichten, die ihre Handhabung im begrenzten Innenraum des Turms deutlich erschwerte. Um dem Ladeschützen die Arbeit zu erleichtern, hatten die Ingenieure eine Hülsenauswurfeinrichtung (Bild 1) entworfen. Die beschossene Patronenhülse wurde durch eine an einem schwenkbaren Rahmen befestigte Fangeinrichtung erfasst und anschließend durch eine Luke im Turmheck ausgeworfen. Im Ergebnis behinderten den Ladeschützen keine auf dem Turmkorbboden liegenden Hülsen und darüber hinaus sank die Belastung der Besatzung durch aus den Hülsen austretende Pulvergase. Diese Hülsenauswurfeinrichtung findet sich später im T-62 wieder, der in den 60er und 70er Jahren in einer großen Anzahl in Serie produziert wurde. Das Konstruktionsbüro im WERK Nr. 9 in Ekaterienburg, einem nahmhaften Kanonenhersteller, entwarf in dieser Zeit verschiedene Modelle von Panzerkanonen T-10_Ansetzer.jpegder Kaliber 100 bis 122 mm. So auch für einen Prototypen an dem in Charkov gearbeitet wurde, der später in den Prototypen Objekt 430 / T-64 mündete und als künftiger sowjetischer Standardkampfpanzer vorgesehen war. Die gezogene 100 mm Kanone D-46T, die ab 1949 entwickelt wurde, war bereits mit einem elektromechanischen Kettenansetzer ausgestattet. Eine ähnliche Einrichtung (Bild 2) befindet sich auch im schweren Panzer T-10M von 1957. Immer wieder war die zu geringe Feuergeschwindigkeit der 122 mm Kanone bemängelt worden, deren geteilte Munition bisher von Hand zu laden war. Mit der neuen Ansetzereinrichtung konnte die Arbeit des Ladeschützen erheblich vereinfacht und die Feuergeschwindigkeit deutlich erhöht werden. Die Einrichtung besteht aus einer horizontal beweglichen Ladeschale mit einem elektromechanischen Kettenansetzer. Der Ladeschütze hatte nacheinander Geschoss und Treibladungshülse auf die Ladeschale zu legen, sie von Hand seitlich in die Zuführlinie zu schieben und dann den elektromechanischen Kettenansetzer auszulösen.

Lader_Obj.279_130mm.jpegLader_BMP-1.jpegDie vermutlich erste sowjetische Ladeeinrichtung, die den vollständigen Ladevorgang mechanisierte, war die Ladeeinrichtung (Bild 3) für den Prototyp eines schweren Panzers unter der Bezeichnung Objekt 279 aus dem Jahre 1957. Die Entwickler hatten sich entschlossen, das Munitionsmagazin der Ladeeinrichtung für die gezogenen 130 mm Kanone im Turmheck unterzubringen. Einen sogenannten Bandlader im Turmheck (Bild 4) sah man Anfang der 60er Jahre auch für einen Prototypen eines leichten Panzer auf Basis des Schwimmpanzers PT-67 vor. Diese Ladeeinrichtung wies bereits alle Merkmale der heutigen modernen Bandlader auf, wie elektrischer Haupt- und manueller Notantrieb, Ladeschale, umlaufendes Band mit Munitionskassetten usw..
Unter den Fachleuten wurden damals mögliche Grundkonzeptionen von automatischen Ladeeinrichtungen diskutiert. Letztlich entschlossen sich die sowjetischen Konstrukteure, den Ladeeinrichtungen mit konstantem Ladewinkel bei Unterbringung des Munitionsmagazins in der Wanne Bild_05_T-64.jpgunter dem Turm den Vorrang zu geben. Auschlaggebend mag gewesen sein, dass die Leistung der verfügbaren Panzermotoren die Gesamtmasse der Panzerung streng limitierte. Außerdem führt die Unterbringung des Munitionsmagazins im Turmheck zu einer deutlichen Vergrößerung der Turmsilhouette, was die Wahrscheinlichkeit von Treffern im Turm erhöht. Die Sicherheit der Panzerbesatzung stand offensichtlich noch nicht an erster Stelle der Bewertungskriterien.. Allerdings erhöhte der Einbau einer automatischen Ladeeinrichtung bei vorgegebener Motorleistung die Gewichtsreserve für die Gestaltung einer ausreichend widerstandfähigen Panzerung. Dazu trug auch der konsequente Leichtbau der meisten Baugruppen und Teile im Panzer bei. Beispielsweise verfügte der deutsche Kampfpanzer LEOPARD 1 über eine maximale Panzerungsdicke von nur 70 mm, weil das Gewicht der Baugruppen im Panzer in Verbindung mit der Leistung des 830 PS Dieselmotors eine weitere Verstärkung der Panzerung nicht mehr zuließ.
Die Entwicklerteams in Charkov und in Nizhniy Tagil, die sich vorrangig mit der Konstruktion mittlerer Kampfpanzer beschäftigten, begannen ihre Arbeiten an den zukünftigen Kampfpanzern. Insbesondere Morozovs Team in Charkov hatte sich der Schaffung eines völlig neuen Standardpanzers neuer Generation verschrieben, dem späteren T-64. Nach ersten Schritten mit einer vierköpfigen Besatzung schwenkte man in eine andere Richtung um und entwarf für den Prototypen Objekt 432 mit drei Besatzungsmitgliedern eine automatische Ladeeinrichtung (Bild 5). Das Magazin wurde in der Wanne unter dem Turmdrehkranz untergebracht und nahm für die 115 mm Glattrohrkanone 30 geteilte, mit einem Scharnier verbundene Munitionskassetten auf, die in L-Form um den Turmkorb aufgehängt waren. Als später die 125 mm Kanone 2A26 eingebaut wurde, verringerte sich das Fassungsvermögen auf 28 Kassetten. Ein Nachteil dieser Kassettenanordnung ist die Isolation des Bild_04_Objekt167M.jpgFahrerplatzes von den Besatzungsmitgliedern im Turm, so dass ein Übergang in den Turm nur nach Herausnahme von 2 bis 3 Kassetten aus dem Kassettentragring möglich wurde. Um unter den Bedingungen des Einsatzes von ABC-Waffen die Enthermetisierung des Kampfraumes zu vermeiden, verzichtete man auf das Auswerfen der Hülse durch eine Luke im Turmheck. Die Hülse wurde im Verlaufe des Ladevorganges in die frei gewordene Munitionskassette abgelegt und verblieb im Panzer.
Nahezu zeitgleich zu ihren Charkover Kollegen entwarfen die Entwickler des Konstruktionsbüros von URALVAGONZAVOD eine automatische Ladeeinrichtung (Bild 6) für das Projekt Objekt 167M T-62. Sie unterschied sich vom Charkover Modell in erster Linie durch die Anordnung der Kassetten, die horizontal auf dem Wannenboden in einen Tragstern eingesetzt waren. Geschoss und Treibladung lagen in einer gemeinsamen Kassette vertikal übereinander. Anders als beim späteren T-64, bei dem die Teilsysteme der Ladeeinrichtung ausschließlich elektrohydraulisch angetrieben wurden, setzten die Ingenieure in Nizhniy Tagil auf elektromechanische Antriebe. Diese Ladeeinrichtung wurde weiter verbessert und kam später im T-72 (Bild 7) zum Einsatz.
Beide Varianten haben ihre Vor und Nachteile. Die unvermeidliche Menge Hydraulikflüssigkeit beim T-64 erhöht die Explosionsgefahr bei Treffern und nachfolgendem Austreten von Hydrauliköl, Andererseits kann ein Hydraulikmotor ein größeres Bild_06_T-72.jpgDrehmoment aufbringen. So hatten Panzerbesatzungen von T-72 berichtet, bei schrägstehendem Panzer im Gebirge habe der Elektromotor zeitweise das halbentleerte, unwuchtige Magazin nicht mehr drehen können. Später wurde deshalb der Elektromotor und das Untersetzungsgetriebe verändert. Die Unterschiede im Zeitaufwand für einen vollständigen Ladezyklus liegen im Bereich von 2 bis maximal 3 Sekunden und können bei praktikablen Feuergeschwindigkeiten unter Gefechtsbedingungen von etwa 7 bis 10 Sekunden je Schuss durchaus vernachlässigt werden. Zwei Mängel haben jedoch beide Ladeeinrichtungen gemeinsam. Zum ersten befindet sich die Munition, und hier vor allem die Treibladungen mit ihren teilweise verbrennenden Hülsen, zusammen mit der Besatzung im Kampfraum. Eine Entzündung der nicht isolierten Munition kann zu einer Explosion im Kampfraum mit fatalen Folgen für die Besatzung und zur vollständige Zerstörung des Panzers führen. Diese Gefahr ist den Entwicklern durchaus klar gewesen. Man ging allerdings davon aus, dass die Unterbringung des Munitionsmagazins unter dem Turm am tiefsten Punkt des Panzers auf dem Wannenboden die Wahrscheinlichkeit eines Treffers im Magazin (in den Skizzen Gelb gekennzeichnet) relativ gering halten würde.

T-72-Treffaussicht-DM23-1500m-2.jpg T-72-Treffaussicht-DM23-1500m-Seitlich.jpg T-72-Treffaussicht-DM23-2000m-2.jpg T-72-Treffaussicht-DM23-2000m-Seitlich.jpg

Eine überschlagsweise Betrachtung der Treffwahrscheinlichkeit mit der deutschen 120 mm Kanone des LEOPARD 2 zeigt, dass bei einer mittleren Schussentfernung von 1500 m das Magazin nur mit einer relativ geringen Wahrscheinlichkeit getroffen wird, wenn davon ausgegangen wird, dass die Wanne in jedem Fall durchschlagen wird (Bilder 8 und 9). Mit zunehmender Schussentfernung (Bilder 10 und 11) steigt zwar die Wahrscheinlichkeit eines Treffers im Munitionsmagazin durch Aufweitung des Streukreises, gleichzeitig sinkt aber auch die Durchschlagsleistung der APFSDS-Geschosse. Moderne Geschosse weisen eine erheblich geringerer Streuung als das Referenzgeschoss DM 23 auf, wodurch bei Haltepunkt Zielmitte Bild_08_T-90S.jpgdie Wahrscheinlichkeit eines Treffers im unteren Wannenbereich weiter sinkt.
Wegen des beschränkten Fassungsvermögens des Magazins ist ein Teil der Munition in Halterungen in der Wanne untergebracht. Eine große Anzahl der Treibladungen wird dabei in den kombinierten Diesel-Munitionsgestellen im Bug und an der Motortrennwand untergebracht und ist dadurch in gewisser Weise vor direkter Brandeinwirkung geschützt (in den Skizzen Grün und Braun gekennzeichnet). Diese Lösung wird gleichfalls von den Konstrukteuren des deutschen LEOPARD 2 für zulässig angesehen, wenn auch der Dieselkraftstoff konsequent aus dem Kampfraum des LEOPARD verbannt worden ist, und sie findet sich auch in vielen anderen Kampfpanzern wieder. Beim Kampfpanzer M1 Abrams hingegen wurde im Wannenbug keine Munition untergebracht, jedoch war es unvermeidlich, wegen des hohen Kraftstoffverbrauch der Gasturbine, beiderseits des Fahrerplatzes Kraftstoffbehälter unterzubringen..
Um die geforderte Gesamtanzahl Geschosse und Treibladungen für die vorgesehene Munitionsbeladung zu erreichen, hielten es die sowjetischen Konstrukteure für hinnehmbar, einige Treibladungen und APFSDS-Geschosse mit ihrer Zusatztreibladung offen und ungeschützt auf dem Turmkorbboden über dem Munitionsmagazin und an den seitlichen Munitionshalterungen (Bild 12) in der Wanne unterzubringen (in den Skizzen ROT gekennzeichnet). Diese offen untergebrachte Munition ist in hohem Maße entzündungsgefährdet, insbesondere durch einen Hohlladungsstrahl oder glühende Sekundärsplitter.
Diese Gefahr war bekannt und führte in verschiedenen Kampfhandlungen in mehreren Fällen zur völligen Zerstörung von Kampfpanzern T-72. Spätestens Ende der 80er Jahre begann deshalb die Ausstattung der russischen Kampfpanzer mit einer modernen Explosionsunterdrückungsanlage, wie sie sich in den israelischen Kampfpanzern MERKAVA bereits als Bild_08a_T-90S_08.jpegaußerordentlich wirksam erwiesen hatte. Die bisherige automatische Feuerlöschanlage hatte den Nachteil, dass die Sensoren erst 1 bis 2 Sekunden den Temperaturen eines Brandes ausgesetzt sein mussten, ehe die Löschanlage ansprechen konnte. Die Explosionsunterdrückungsanlage RADUGA-2 (Bild 13) nutzt nun im Kampfraum optische Sensoren zur Detektion eines gefährlichen Temperaturanstieges. Dadurch ist es möglich, innerhalb von 150 Millisekunden das Löschmittel in die Gefahrenzone zu leiten und eine Entzündung der Munition zu verhindern. Es muss bemerkt werden, dass die mitverbrennende Zellulosehülle der russischen Treibladungen unter Sauerstoffentzug nicht brennbar ist. Eine weitere Maßnahme zur Vermeidung von Munitionsentzündungen ist die weitestgehende Abschottung der Treibladungshüllen vor der Wirkung von glühenden Sekundärsplittern. Grundsätzlich sind die Munitionskassetten relativ lückenlos durch den über dem Magazin befindlichen Turmkorbboden und seitliche Blenden geschützt, so dass Splitter kaum in das Innere Bild_15_T-72BA.jpgdes Magazins gelangen können. Um den Schutz gerade des Magazins weiter zu erhöhen, wurde ab dem Modell T-72B das Magazin mit einer seitlichen Isolationswand (Bild 14) versehen und der Turmkorbboden modifiziert. Alle getroffenen Maßnahmen konnten die Gefahr einer Munitionsexplosion erheblich verringern.
Völlig ausschließen lässt sich freilich eine Entzündung der Treibladungen nicht. Auswertungen aus den Kriegen mit Beteiligung von T-72 zeigten, dass für die folgenreichen Munitionsexplosionen in erster Linie Folgebrände verantwortlich waren. Wie kompliziert die Auflösung des Widerspruchs zwischen der erforderlichen Munitionsbeladung und dem Bemühen um vollständige Isolation der Munition von der Besatzung ist, zeigt der internationale Panzerbau recht anschaulich. In den meisten Kampfpanzern, so im Leopard 2 und auch im französischen LECLERC befindet sich der überwiegende Teil der mitgeführten Munition in einem Munitionsgestell im vorderen Wannenbereich. Die Entwickler gehen offensichtlich weiterhin davon aus, dass die Wannenpanzerung und die eingebaute Explosionsunterdrückungsanlage ausreichendenden Schutz bietet.
Projektionen.jpegEin nicht zu unterschätzendes Kriterium ist die Größe des Kampfpanzers. Entschließen sich die Konstrukteure, den Hauptteil oder wenigstens die Bereitschaftsmunition in einem isolierten Bunker im Turmheck unterzubringen, vergrößert sich unvermeidlich das Turmvolumen (Bild 15) und damit die Wahrscheinlichkeit eines Treffers im Turm. In den meisten Fällen wird der Kampfpanzer damit seine Gefechtstauglichkeit verlieren. Jedoch führt selbst eine Explosion der Munition im isolierten Turmbunker wegen der Ableitung der Detonationswelle über Sollbruchstellen an der Oberseite des Turmbunkers nicht zu einer Gefährdung der Besatzung, jedenfalls soweit im Moment der Explosion die Munitionsbunkertür geschlossen war.

Die Konstrukteure vom Omsker Panzerwerk untersuchten wegen der bekannten Probleme auch alternative Lösungsmöglichkeiten für die Unterbringung der Ladeeinrichtung. In einem Patent aus dem Jahre 2001 werden Varianten vorgeschlagen, die bereits vorhandene Bild_09_2215965-4.jpgLadeeinrichtung mit einem zusätzlichen Bandlader im Turmheck zu kombinieren. Ein solcher Bandlader kann an die vorhandenen Türme ohne erhebliche Veränderungen am Gesamtkonzept angefügt werden. In der Variante 1 (Bild 16) werden ausschließlich die teilverbrennenden Treibladungen in ein Bandmagazin ausgelagert. Die Geschosse verbleiben im modifizierten, sehr flachen Magazin am Boden der Wanne. Beim Auslösen des Ladevorgangs wird die Kassette mit dem Geschoss durch die Hubeinrichtung bis zur Zuführlinie angehoben, worauf sich das Schott zum Bandlader öffnet und der Kettenansetzer die Treibladung in einem Zug mit dem Geschoss in den Ladungsraum einführt. Vorteilhaft ist ohne Zweifel, dass die hochgefährdeten Treibladungen vom Kampfraum isoliert werden und sich der Zeitaufwand für den Ladezyklus deutlich verringert.Bild_10_2215965-1.jpg Dennoch befinden sich immer noch APFSDS-Geschosse mit Zusatztreibladung im Kampfraum, wenn auch ihre Gefährdung durch Treffer erheblich gesunken ist. In der Variante 2 (Bild 17) wird vorgeschlagen, einen Bandlader am Turmheck zusätzlich zum bisherigen Magazin am Wannenboden anzubringen. Hier muss die Steuerung der beiden Ladeeinrichtungen faktisch zwei unterschiedliche Steuerprogramme ermöglichen, je eines für jede der beiden voneinander unabhängigen Ladeeinrichtungen. Es mag vorteilhaft sein, dass bei Ausfall einer der beiden Ladeeinrichtungen eine vollständig redundante Einrichtung verfügbar ist. Der Bandlader im Turmheck kann darüber hinaus die Munition aufnehmen, die bisher mehr oder weniger offen im Kampfraum untergebracht werden musste. Allerdings führt diese Variante zu einer erheblichen Vergrößerung der Ausmaße des Turms und erhöht die Anforderungen an den Antrieb des Horizontalstabilisators wegen der Zunahme der Kräfteasymmetrie bei zunehmender Leerung des Bandladers.

Für ihr Projekt Kampfpanzer BLACK EAGLE entwickelte das Konstruktionsbüro KBTM in Omsk ein Ladeeinrichtung, die ausschließlich auf einen Bandlader am Turmheck setzt (Bild 18). Das Besondere an dieser Ladeeinrichtung besteht darin, dass sich die gesamte Ladeeinrichtung Bild_12_2195617-2.jpgzusammen mit der Munition in einem abgeschlossenen, abnehmbaren Gehäuse befindet, das am Turmheck eingehängt wird und das ohne Aufwand gewechselt werden kann. Durch eine entsprechende Logistikkette werden den Kampfpanzern somit die Ersatzmagazine bis ins Gefecht zugeführt, wo sie an Ort und Stelle bei minimalem Zeitaufwand durch ein geschütztes Transport-Ladefahrzeug gewechselt werden können. Geschoss und Treibladung liegen in den Kassetten des Bandladers hintereinander und werden durch ein Panzerschott hindurch in einem Zug in den Ladungsraum zugeführt. Jede Gefährdung der Besatzung wird damit auf eine Minimalmaß reduziert. Die Ladeeinrichtung erlaubt auch die Verwendung patronierter Munition füe eine Kanone anderer Kaliber. Allerdings erscheint der finanzielle und logistische Aufwand bei Beschaffung eines solch komplexen Systems erheblich, ist doch jeder einzelne dieser Transport-Lade-Container mit einem vollständigen Bandmagazin und den dazugehörigen elektrischen und elektronischen Baugruppen ausgestattet. Darüber hinaus sollte die Anzahl der zu beschaffenden Transport-Lade-Container größer sein als die entsprechende Anzahl Kampfpanzer. Letztendlich ist zum Schließen der Logistikkette auch noch die notwendige Anzahl geschützter Transport-Lade-Fahrzeuge zu beschaffen.

Ein zweites Problem bei den sowjetischen automatischen Ladeeinrichtungen der Bauserien T-64, T-80 und T-72 findet seine Bild_14_T-72BA_2204776.jpgUrsache darin, dass die Länge der verwendbaren APFSDS-Geschosse durch die konstruktiven Besonderheiten des Munitionsmagazin limitiert wird. Beim T-72 verhindert der Durchmesser der Nabenbaugruppe des Magazins die Unterbringung von längeren Geschossen in den Munitionskassetten. Zusätzlich können längere Geschosse von der bisherigen Kassettenhubeinrichtung im T-72 nicht auf die Zuführlinie angehoben werden, da sich die Spitze des verlängerten Geschosses bereits unterhalb des Bodenstücks befindet und beim Anheben der Kassette mit diesem kollidieren würde. Durch das Entwicklerteam von URALVAGONZAVOD konnten für den T-90 die Probleme auf vergleichsweise unkomplizierte Weise gelöst werden. Die Nabenbaugruppe des Munitionsmagazins wurde deutlich verkleinert. Die konstruktiv damit in Zusammenhang stehende bisherige elektromechanische Einrichtung für die Speicherung der Kassettenbelegung wurde durch eine erheblich kleinere, digital arbeitende Speichereinrichtung ersetzt. Weiterhin wurde die Führung der beiden Gliederketten der Kassettenhubeinrichtung verändert (Bild 19). Im Ergebnis der Modifizierung wird die Kassette während des Anhebens im Bereich des Bodenstücks kurzzeitig horizontal soweit nach hinten versetzt, dass die Spitze des Bild_07_T-80-700mm.jpgGeschosses am Bodenstück vorbei geführt werden kann. Die neue Kassettenführung erlaubt nun die Verwendung von APFSDS-Geschossen mit einer Länge von bis zu 780 mm. Bei der Ladeeinrichtung des T-64 und T-80 ist die maximale Länge der verwendbaren APFSDS-Geschosse durch den angewinkelten Hubarm begrenzt. Die ursprüngliche Version des Hubarms behindert in ihrer Position im Falle der Unterbringung verlängerter Geschosse die Drehfreiheit des Magazins. Durch eine Veränderung des Hubarms und Anbringung eines horizontalen Durchgangs (Bild 20) können nun auch Geschosse mit einer maximalen Länge von 700 mm verwendet werden. Zusätzlich kann am Hubarm in optimaler Position die Programmiereinheit für das System AINET angebracht werden. Befindet sich eine Splitter-Spreng-Granate OF-26 in der Ladeposition über dem Hubarm, ragt der elektronische Zünder der Granate in den Wirkbereich der induktiv-elektronischen Programmiereinheit. Dadurch kann der tempierbare Zünder entsprechend der Schussentfernung mit dem gewünschten Detonationszeitpunkt programmiert werden.

Im Jahre 2007 liess sich das Konstruktionsbüro für Transportmaschinenbau in Nizhniy Tagil eine automatische Ladeeinrichtung patentieren, die im Prinzip auf den Erfahrungen mit der Ladeeinrichtung des T-72 aufbaut. Wie bisher ist die Munition in einem ringförmigen Magazin unterhalb des Turmdrehkranzes in separat eingehängten Kassetten untergebracht. Bei einer anzunehmenden Kanone des Kalibers 125 mm und bei Weiterverwendung der bekannten Treibladungen für diese Kanone, kann ein Fassungsvermögen von mindestens 22, wahrscheinlich sogar von 28 Schuss angenommen werden. Um eine Längenbegrenzung bei APFSDS-Geschosssen und perspektivischen Lenkflugkörpern auszuschließen, wurden die Kassetten nun in vertikaler Lage Bild_20_2366882-schritt-1.jpgBild_20_2366882-schritt-2.jpgBild_20_2366882-schritt-3.jpgaufgestellt (Bild 21). Ein im Turmheck vor dem Kettenansetzer untergebrachter zweiteiliger Schwenkarm hebt im Verlaufe des Ladevorganges die Kassette mit der ausgewählten Munitionsart aus der Arretierung im Kassettentragring heraus. Während des Anhebens (Bild 22) winkelt das untere Segment des Hubarms gleichlaufend mit dem Hochschwenken des oberen Hubarmsegments so ein, dass sich die Längsachse der Geschosskassette auf Höhe der Zuführlinie synchron zur Rohrseelenachse befindet (Bild 23). Nachdem der Kettenansetzer das Geschoss zugeführt hat, schwenkt die Kassette eine Position nach oben, so dass die Treibladung in den Ladungsraum zugeführt werden kann. Mit dem Schließen des Verschlusskeils wird die Kassette in umgekehrter Reihenfolge wieder im Kassettentragring des Magazins abgesetzt.
Bemerkenswert an dieser Ladeeinrichtung ist, dass der Innendurchmesser des Magazinringes soweit in den Turminnenraum hineinragt, dass für die ergonomisch vernünftige Unterbringung einer Besatzung kein nutzbarer Raum frei bleibt. Die Hülsenfangeinrichtung ist seitlich an der Kanone befestigt und wird vor dem Anheben der Munitionskassette seitlich aus der Zuführlinie herausgeschwenkt. Die Luke zum Auswerfen der beschossenen Hülsenböden wurde vom Turmheck an die obere seitliche Turmpanzerung verlegt. Es ist naheliegend anzunehmen, dass dieses Modell einer automatischen Ladeeinrichtung für einen Kampfpanzer neuerer Generation vorgesehen ist, bei dem die Besatzung nicht mehr im Turm sondern in der Wanne untergebracht wird. Bereits im Jahre 2008 hatte das berühmte Panzerwerk URALVAGONZAVOD angekündigt, im Folgejahr das Geheimnis um den lang erwarteten russischen Kampfpanzer der Zukunft zu lüften - den legendären T-95. Jüngere Presseveröffentlichungen deuten allerdings darauf hin, dass Nachfolger des Kampfpanzers T-90 nicht der imaginäre "T-95" sein wird wie er seit Jahren durch die Presse geistert. Einige Informationen lassen die Vermutung aufkommen, dass die russischen Konstrukteure ihren neuen, eher konventionellen Kampfpanzer mit einem Bandlader am Turmheck ausstatten werden, der einer 125 mm Kanone in Verbindung mit einer zeitgemäßen, hochintegrierten Feuerleitanlage eine hohe Feuergeschwindigkeit erlaubt und auch die unkomplizierte Umrüstung auf eine Kanone höheren Kalibers gestattet.

Literaturverzeichnis
1) Kampffahrzeuge der Uraler Waggonwerke - Panzer T-54 / T-55, Media-Print, Russland, Niznii Tagil, 2006
2) Kampffahrzeuge der Uraler Waggonwerke - Panzer T-72, Media-Print, Russland, Niznii Tagil, 2004
3) Kampffahrzeuge der Uraler Waggonwerke - Panzer 1960-X, Media-Print, Russland, Niznii Tagil, 2007
4) Sowjetisch-Russische Panzer 1905 - 2003, Elbe-Dnjepr-Verlag, BRD, Klitschen, 2004
5) Technik und Bewaffnung, Verlag Techinform, Hefte August 2008 und Oktober 2009, Moskau
6) Patent "Kampfraum von Kampfpanzern", KBTM Omsk, 2002
7) Patent "Automatische Ladeeinrichtung für Kanonen", KBTM Omsk, 2001
8) Patent "Ladeautomatfür Panzerkanonen", UKBTM Nizhniy Tagil, 2000
9) Patent "Ladeautomatfür Panzerkanonen", UKBTM Nizhniy Tagil, 2005
10) Patent "Ladeautomat für Panzerkanonen", UKBTM Nizhniy Tagil, 2007
11) Panzer T-62A, Handbuch zum materiellen Teil und zur Nutzung, Militärverlag, Moskau, 1968
12) Explosionsunterdrückungsanlage RADUGA-2, Werbeprospekt, Firma ELEKTROMACHINA, 2007
13) Lehrbuch Schießen aus Panzern, Militärverlag der DDR, 1986
14) Schusstafel Panzer 87, Schweiz, 1987

Bildquellen

Bilder

 

1

Panzer T-62A, Handbuch zum materiellen Teil und zur Nutzung, Militärverlag, Moskau, 1968

2; 3; 4

Technik und Bewaffnung, Verlag Techinform, Hefte August 2008 , Moskau

5; 6; 7; 20

Kampffahrzeuge der Uraler Waggonwerke - Panzer T-72, Media-Print, Russland, Niznii Tagil, 2004

8; 9; 10; 11; 15

Verfasser

12

T-72BA, Beschreibung und Nutzung, Militärverlag, Moskau,

13

Explosionsunterdrückungsanlage RADUGA-2, Werbeprospekt, Firma ELEKTROMACHINA, 2007

14

Technik und Bewaffnung, Verlag Techinform, Hefte Oktober 2009 , Moskau

16; 17

Patent "Kampfraum von Kampfpanzern", KBTM Omsk, 2002

18

Patent "Kampfraum von Kampfpanzern", KBTM Omsk, 2001

19

Patent "Ladeautomatfür Panzerkanonen", UKBTM Nizhniy Tagil, 2005

21; 22; 23

Patent "Ladeautomat für Panzerkanonen", UKBTM Nizhniy Tagil, 2007

[Oben]

  Home    Ladeautomaten   Bewaffnung   Munition   Feuerleitanlagen   Stabilisatoren   Allgemeines   Impressum   Links   Neues  

 

 Copyright: Stefan Kotsch