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T-14 Armata (FCS)
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Feuerleitanlage
des russischen Kampfpanzers
T-14 ARMATA Stand: 11.04.2023 Zur Parade am 9. Mai 2015 wurde der lange erwartete russische Kampfpanzer der neusten Generation der Öffentlichkeit vorgestellt. Seine Bezeichnung lautet T-14 ARMATA. Mit der Indexzahl nehmen die Verantwortlichen sicher einen aktuellen Bezug auf den Bekanntmachungszeitraum, der Name weist auf die standardisierte Panzerfahrzeugplattform Armata hin. Letztlich ist die Fachwelt wenig überrascht vom dem in Russland mit viel Medienhype begleiteten neuen Kampfpanzer. Es zeigt sich, dass die bisher bekannt gewordenen Konzepte, wie die vom seit den 90-er Jahren als Geisterpanzer diskutierten T-95, konsequent und beharrlich zu Ende gedacht und entwickelt wurden. An der Grundkonzeption des Kampfpanzers mit Bewaffnung im Drehturm auf einer Panzerwanne mit Kettenantrieb hat sich nichts geändert. Lediglich der Waffenturm ist nun unbemannt, die Besatzung befindet sich besonders geschützt im Wannenbug.
Auch in den USA war in den 80-er Jahren ein Projekt begonnen worden, das von Idee und Konzeption nahezu gleich angelegt war. Das Tank Test Bed TTB verfügt wie das sowjetisch russische Gegenstück über einen unbemannten Turm mit einem Ladeautomaten und einer dreiköpfigen Besatzung im Wannenbug. Kommandant und Richtschütze sollten die Hauptbewaffnung im Turm ausschließlich über Monitore beobachtend steuern. Gemäß damals verfügbarer Technologie war dabei überwiegend TV-Technik verwendet worden. Das machte die Geräte unter den extremen Einsatzbedingungen störanfälliger und erhöhte die Kosten für die aufwändigen Geräte. Auch das Gerätevolumen der damals verfügbaren elektrisch-elektronischen Anlagen war deutlich größer. Dies und andere Probleme führten Ende der 80-er Jahre zum Abbruch der Entwicklungen, zumal das Ende des Kalten Krieges es erlaubte die Entwicklungskosten in andere, nun wichtigere Richtungen umzuleiten.
In einer kurzen Betrachtung sollen die bekannten Informationen zur Feuerleitanlage des T-14 Armata vorgestellt werden. Dabei wurden Presseveröffentlichungen und TV-Beiträge berücksichtigt und Schlussfolgerungen gezogen, soweit das bei Kenntnis der bisherigen russischen Ansichten und der aktuellen Computertechnologien zulässig und realistisch erscheint. Die Besatzung des T-14 befindet sich nebeneinander im Wannenbug, von links der Fahrer, der Richtschütze und ganz rechts der Kommandant. Eine gepanzerte Innenwand trennt die Besatzung vom Waffen- und Munitionsraum in der Wannenmitte. Das bedeutet, ein direkter Zugriff auf die Waffenanlage ist nicht möglich, die Bedienung erfolgt ausschließlich "by wire". Für die Bedienung der Waffenanlage und der Feuerleitanlage stehen dem Kommandanten und Richtschützen jeweils zwei berührungssensitive LCD-Monitore zur Verfügung die als Interface zum Fahrzeughauptcomputer dienen. Zwei Hauptschaltblöcke sind unterhalb der Monitore angebracht. Weitere Bedienblöcke sind nahe den Sitzplätzen untergebracht. Auch der Fahrer steuert den Panzer "by wire" und erhält Informationen und Zugriff auf das Fahrzeugmanagement über LCD-Monitore. Die Monitore, Bedienblöcke und elektronischen Verbindungsbaugruppen sind über Datenkabel mit dem Fahrzeughauptcomputer und damit auch untereinander verbunden. Der Fahrzeughauptcomputer seinerseits stellt die Verbindung zum optoelektronischen Hauptzielfernrohr sowie zum Rundblickperiskop her. Ein autonomer analoger Kanal mit selbständiger Stromversorgung gewährleistet über ein Low-Level-TV-System die Möglichkeit der Feuerführung auch bei Ausfall der Hauptanlage. Zumindest darf dies mit einiger Wahrscheinlichkeit angenommen werden. In das System des Fahrzeughauptcomputers eingebunden sind darüber hinaus sechs TV-Kameras am Waffenturm für die Rundumbeobachtung sowie die Fahrzeugschutzanlage AFGANIT, mit unter anderem, vier LTCC-Funkmessantennen sowie den angeschlossenen Werfern zur Bekämpfung anfliegender Panzerabwehrgeschosse. Das 12,7 mm Maschinengewehr am Rundblickperiskop des Kommandanten ist ebenfalls in die Steuerung über den Hauptcomputer eingebunden. Gleichfalls ist die Bedienung und Überwachung der automatischen Ladeeinrichtung im Turm und der 125 mm Kanone ein Bestandteil der Computeranlage, in die auch ein umfassendes Fahrzeuginformations- und Betriebsmanagementsystem integriert ist. Die LCD-Monitore des Kommandanten und des Richtschützen befinden sich unmittelbar vor ihren Sitzplätzen und sind ohne Zwischenraum nebeneinander angebracht. Ausschwenkbare Flachspiegel an der Wannendecke über den Monitoren erlauben bei Bedarf die Geländebeobachtung vor dem Panzer über herkömmliche Winkelspiegel. Für den Kommandanten sind das drei Winkelspiegel und für den Richtschützen einer; der Fahrer verfügt über drei Winkelspiegel. Das bedeutet jedoch auch, der Kommandant hat ausschließlich über sein Rundblickperiskop und die Nahbereichsbeobachtungskameras die Möglichkeit zur Geländebeobachtung. Das Beobachten über den Lukenrand verbietet sich, da die Luke unmittelbar im Schwenkbereich der Kanone liegt und überdies die Luke nicht flach schwenkbar ist, so wie das bei der Fahrerluke der Fall ist. Die drei Winkelspiegel des Kommandanten sind vermutlich ebenfalls zusätzlich mit Tip-Visier-Tasten versehen, wie sie beim T-90MS erstmals Verwendung fanden und dazu genutzt werden, das Rundblickperiskop und möglicherweise auch den Turm auf die Richtung der betätigten Tip-Visier-Taste einschwenken zu lassen. Der in der Mitte
sitzende Richtschütze nutzt hauptsächlich den linken
Monitor für die Beobachtung und Feuerführung über
das Hauptzielfernrohr. Dieses Zielfernrohr ist sehr wahrscheinlich
eine Modifikation bzw. Weiterentwicklung des bereits bekannten Mehrkanalzielfernrohrs
SOSNA-U. Ein TV-Kanal für die Tag-Sicht, ein Kanal für
den Laser-Entfernungsmesser, ein Wärmebildkanal und der
Laser-Leitstrahlkanal für die rohrverschießbare Lenkwaffe
sind in zwei Ebenen unabhängig stabilisiert.
Der Monitor stellt mit Hilfe des Fahrzeughauptcomputers die
für die Information, Beobachtung und Feuerführung notwendigen Bildschirmelemente
dar, so wie sie der gewählten Betriebsstufe entsprechen. In der
rechten oberen Ecke des Monitors ist zum Beispiel die aktuelle
Stellung des Turms
zur Wanne eingeblendet, sowie auch die aktuelle
Stellung für das Rundblickperiskop. Das Bild 7 zeigt den rechten Monitor des Richtschützen. Er stellt dar ein zugeschaltetes Touch-Screen-Menü für die Auswahl der verschiedenen Betriebsarten, die Munitionsauswahl, die Anzahl noch vorhandener Munition, die Stellung von Turm sowie Rundblickperiskop in Bezug zur Wanne mit korrekten Winkelangaben. Es werden Menüpunkte eingeblendet, die Zugriff zu weiteren Einstellungen erlauben, darunter für Kontrast und Polarität des Wärmebildzielfernrohrs, Beobachtungsstufen der TV-Anlage sowie des Wärmebildkanals, den Entfernungsmesser, Einstellungen des ballistischen Rechners, Steuerung der Fahrzeugschutzanlage AFGANIT, der Zugriff auf das Hauptmenü des Fahrezeughauptrechners und vieles andere mehr. Der beschriebene Monitor ist so angebracht, dass der Kommandant Einstellungen für das Übersteuern des Richtschützen ebenfalls an diesem Monitor vornehmen kann, zum Beispiel zur Übernahme der Feuerführung durch den Kommandanten. Im Unterschied zum ganz linken Monitor befinden sich rechts und links im Rahmen dieses Monitors Tastenfelder für den Zugriff auf das Systemmenü des Fahrzeughauptrechners, diese Tasten erlauben es unter anderem die Hauptmenüs bzw. Anzeigen für die Monitordarstellung zu wechseln. Bild 8 zeigt den Monitor in der Betriebsart Sicht durch den Wärmebildkanal. Das Ziel ist vom Fangrahmen der Anlage zur automatischen Zielbegleitung erfasst. Von links unten nach rechts verlaufend sind angezeigt die Informationen FERTIG, das bedeutet Feuerbereit, 900 m Schussentfernung, die Geschossart APFSDS und ganz rechts die aktuell geschaltete Betriebsstufe HAUPTBETRIEBSART, also der Richtschütze führt die Hauptbewaffnung über das Hauptzielfernrohr. Ein Taster links unten im Rahmen des Monitors und drei Tasten rechts davon dienen zur Umschaltung der Monitorbetriebsart und zur Einblendeng des Systemmenues. Prinzipiell erlaubt das System die Darstellung aller technisch und softwaremäßig realisierten Informationen an jedem der vier Monitore. Eine relativ hohe Redundanz zwischen den Arbeitsplätzen von Kommandant und Richtschütze ist somit gewährleistet. Im Bild 9 befindet sich der Beobachtungsmonitor in der Betriebsart Wärmebildkamera im Beobachtungsmodus mit weitem Sichtfeld, wobei gleichzeitig ein Touch-Screen-Menü eingeblendet ist, mit dem die Betriebsart im Detail angepasst bzw. verändert werden kann. Das sind zum Beispiel die Größe der Zoomstufe, Kontrast, Polarität, Darstellung des Sichtfeldes, die Bedienung der Anlage zur automatischen Zielbegleitung und weitere Untermenüs. Diese Darstellung kann sowohl beim Richtschützen als auch beim Kommandanten eingeschaltet werden. Auch der Zugriff auf die Außenkameras für die Beobachtung des Nahfeldes um den Panzer herum kann über die Monitore erfolgen. Interessant ist dabei, dass zum Beispiel das Bewegen des Sichtfeldes der Außenkameras während des Beobachtens über das entsprechende Berühren des Touchscreens erfolgen kann. Ein Teil des Fahrzeuginformations- und Managementsystems ist unter anderem die Satellitennavigationsanlage und das taktische Feldführungssystem. Im Bild 10 zeigt der Bedienmonitor eine topografische Karte. Es können darauf dargestellt werden die Fahrzeugposition im Gelände und die taktische Lage mit den Positionen eigener und gegnerischer Truppen. Die Einbindung in das Betriebssystem des Fahrzeughauptrechners schafft Schnittstellen auch zwischen der Feuerleitanlage und dem Fahrzeuginformations- und Managementsystem. Das erlaubt es zum Beispiel die Koordinate und Art eines erkannten Zieles zu bestimmen und über die digitale Informationsübertragung in Echtzeit allen eingebundenen Fahrzeugen und Führungsstellen sofort sichtbar zu machen. Das ebenfalls mit einem Laser-Entfernungsmesser ausgestattete Rundblickperiskop des Kommandanten ist dafür optimal geeignet, da Echtzeitdaten aus der Fahrzeugposition, der Stellung des Periskops und der gemessenen Entfernung zur Verfügung gestellt werden können. Zumindest theoretisch ist es möglich, nach Empfang einer solchen Zielinformation die Waffenanlage eines beliebigen Panzers automatisch auf das gemeldete Ziel einschwenken zu lassen um es sofort zu bekämpfen. Das Bild 11 zeigt einen der beiden für Kommandant und Richtschütze identischen Richtgriffe der Waffenstabilisierungsanlage. An der Frontseite des Gehäuses befinden sich Taster für die Zoomstufe, der Wahlhebel für die Munitionsart, den Taster zum Auslösen der automatischen Ladeeinrichtung und an den Griffen die Taster zum Bedienen des Laser-Entfernungsmessers und zum Abfeuern der Waffen. Das Auswählen der Munitionsart Lenkwaffe erfordert das Betätigen einer Sicherungssperre die das ungewollte Weiterdrehen des Wahlhebels blockiert. Unterhalb der Bedienmonitore bei Richtschütze und Kommandant sind die jeweiligen Hauptschaltkästen angebracht. Sie dienen der Einschaltung der Feuerleitanlage und der Waffenstabilisierung, zum Umschalten der Betriebsstufen zur Übernahme/Übergabe der Steuerung der Waffenanlage zwischen Kommandant und Richtschütze, zum Übergang auf den Notbetrieb und zum Einschalten weiterer Grundfunktionen. Der Hauptschaltkasten des Richtschützen wird dabei gleichzeitig auch vom Kommandanten genutzt. Die genaue Funktionsbelegung der Schalter ist derzeit nicht vollständig bekannt. Aktuell können dazu lediglich publizierte TV-Beiträge ausgewertet werden.
Gegenwärtig
ist eine Anzahl Vorserienfahrzeuge des T-14 hergestellt worden
und befindet sich in der Truppenerprobung. Erfahrungsgemäß
ergeben sich Fragen und Probleme, die oft zwar technisch gelöst
sind, die aber den Bedingungen des Faktors Mensch unterliegen.
Nicht alles was moderne digitale Technologien ermöglichen
erweist sich auch unter Kriegsbedingungen als praktikabel und
effizient. Eine offene Frage ist die, welche Auswirkungen es
hat, dass insbesondere der Kommandant den Kontakt zum Gefechtsfeld
ausschließlich über seinen Blick auf einen Monitor
herstellen muss. Die technische Zuverlässigkeit der elektronischen
und anderen Geräte und Baugruppen ist dabei sicher das geringste
Problem. Die Ergebnisse der Erprobungen wird man in einigen Jahren umsetzen können. Bis dahin sehen die Beschaffungspläne der russischen Panzertruppe weitere Modernisierungen der vorhandenen T-72B und T-90 vor. Neu beschafft wird gegenwärtig in einer kleinen Serie der T-90M. Offenbar geht man davon aus, dass mit einer Serienfertigung des T-14 in größerer Anzahl noch nicht zu rechnen sein wird. Die exorbitant hohen Kosten für den T-14 werden ohnehin die Anzahl zu beschaffender Kampffahrzeuge begrenzen. In der russischen Presse wird der Armata aber gefeiert als sämtlichen Kampfpanzern der Welt haushoch überlegen. Tatsächlich aber liegt die Entwicklung aller wichtigen westlichen Kampfpanzer bereits viele Jahrzehnte zurück. Es wurden lediglich Kampfwertsteigerungen realisiert. Somit fehlt dem T-14 Armata ein echtes Pendant für einen Vergleich. Allerdings sind viele der vorgestellten Funktionen der Feuerleitanlage in anderen internationalen Kampfpanzern bereits seit längerer Zeit Realität. Anfang 2018 wurde öffentlich bekanntgegeben, dass die Produktion zwar begonnen wird, jedoch sollen lediglich etwa 100 T-14 produziert werden die für die Ausstattung von 2 Panzerbataillonen vorgesehen sind. Eine Werkhalle für die geplante Herstellung dieser Panzer und weiterer Fahrzeuge der Armata Familie soll bis Ende 2022 grundlegend rekonstruiert werden. Bis dahin hofft man einige aufgetretene Probleme ,unter anderem mit dem Triebwerk, zu beseitigen. Bis Ende 2022 ist lediglich eine kleine Vorserie des Kampfpanzers hergestellt worden, die auf Paraden gezeigt wurde und zur Ausbildung bzw. Erprobung an einem Ausbildungszentrum der Panzertruppe eingesetzt wird. Die Probleme, unter anderem mit der Optronik und mit dem Triebwerk, sind mit Ende 2022 noch nicht vollständig gelöst.
Quellen: |
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