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Das
Zielfernrohr 1G46 für modernisierte T-64B, T-80U, T-84 und den Kampfpanzer
T-90
Nach Ende des 2. Weltkrieges
wurden in der Sowjetunion die Arbeiten zur Entwicklung moderner Zielfernrohre mit
stabilisierter Visierlinie unverzüglich wieder aufgenommen.
So erhielt der schwere Kampfpanzer T-10M bereits Mitte
der 50er Jahre ein periskopisches Zielfernrohr mit in der Vertikalen
unabhängig stabilisierter Visierlinie. Die Prototypen des T-64
waren mit dem unabhängig stabilisierten Zielfernrohr-Entfernungsmesser TPD-43 ausgestattet,
aus dem später das weit verbreitete TPD-2-49 hervorging.
Der Zielfernrohr-Entfernungsmesser TPD-K1, das nächste Modell,
besaß erstmalig einen integrierten Laser- Entfernungsmesser.
Die unabhängige Stabilisierung der Visierlinie in der Vertikalen
und in der Horizontalen, bei Nachführung der Waffenanlage, wurde
mit dem Zielfernrohr-Entfernungsmesser 1G21 gegen Mitte der
70er Jahre serienmäßig in den Kampfpanzern T-64 und T-80 verwirklicht.
Es folgte kurz danach das weiterentwickelte Modell 1G42. Seit
den späten 80er Jahren steht das Zielfernrohr 1G46 zur Verfügung
und wird für die modernisierten Kampfpanzer T-80U, T-64B bis
hin zum T-90 verwendet. Das erste Bild zeigt einen Turmausschnitt
des Kampfpanzers T-90S. Gut erkennbar hier der Windmesser über
dem Ausblick des 1G46. Im Vordergrund ein verschlossener Störstrahler
des Schutzsystems SHTORA.
Das 1G46, im russischen
als optisch-mechanisches Zielfernrohr bezeichnet, ist Bestandteil
einer sehr komplexen Feuerleitanlage, welche die Bezeichnung
1A43 trägt. Sie umfasst den sogenannten Zielfernrohrkomplex
unter dem aktuellen Herstellerindex
1A45 IRTYSH, zu dem wiederum das Zielfernrohr 1G46, der ballistischen Rechner 1V528,
ein Verkantungssensor, der Beobachtungskomplex
des Kommandanten T01-K04 bzw PNK-4
und das Nachtzielfernrohrkomplex
T01-K01 BURAN bzw T01-P02 AGAVA oder andere Modifikationen gehören.
Links im Bild ein Blick auf das 1G46 in einem T-80UM1. Im Zentrum
das Okular des Fernrohrteils, das über einen stufenlosen, pankratischen
Vergrößerungswechsler verfügt. Links unter dem Okular befindet
sich der Regler für die Strichbildbeleuchtung., darüber je eine
Leuchtdiode für die Spiegelentarretierung und die Okularheizung.
Rechts vom großen Drehknopf der Strichbildbeleuchtung befindet
sich der Kipphebel der Munitionsauswahl mit den festen Typen
B für APFSDS, O für HEF, K für HEAT und U für Rakete. Links
vom Okular befindet sich der Schalter für die Heizung der Kopfspiegelbaugruppe.
Das 1G46 ist modular aufgebaut. Der auffällig metallisch helle
Block rechts vom Okular ist separat abnehmbar. Es ist die Laserleitstrahleinheit
9S516, eine der Baugruppen zur Steuerung der rohrabgefeuerten
Lenkrakete 9M119 REFLEKS. Sie ist für die Modulierung des Laser-Leitstrahls
zuständig, an dem sich die Lenkrakete orientiert. Eine Leuchtdiode
mit roter Beschriftung "Überhitzung der Flüssigkeit"
warnt bei Überhitzung der Flüssigkeitskühlung der Leitstrahleinheit.
Rechts oberhalb dieses Blockes befinden sich die Justierschrauben
für Höhe und Seite. Ein zweites separat abnehmbares Modul ist
der "Block D", er befindet sich oberhalb des Okulars
und beinhaltet den Steuerblock des Laser-Entfernungsmessers.
Außer den Justierschrauben für den Laser und einer elektrischen
Prüfbuchse befinden sich keinerlei Bedienelemente am Block D. Unter
dem Zielfernrohrblock ist angehängt die Baugruppe der Steuergriffe
der Richtanlage des Waffenstabilisators 2E42. An ihnen befinden
sich die Abfeuerungen der Kanone, mit dem rechten Zeigefinger
erreichbar, und des 7,62 mm PKT, mit dem linken Zeigefinger
erreichbar. Mit den beiden Daumen wird der Entfernungsmesser
bedient, rechts messen, links auf Null stellen. Der Auslösetaster für die automatische Ladeeinrichtung
befindet sich an der unteren Seite des Zielfernrohres, direkt
oberhalb des rechten Richtgriffes und ist bequem mit dem Daumen
erreichbar. Zwischen dem Block der Richtgriffbaugruppe und der
Zielfernrohrunterkante befindet sich wieder der bekannte Drehring,
mit dem es möglich ist, manuell die Entfernung im Sichtfeld des
1G46 einzustellen.

Die Bildreihe oben
zeigt einen Blick auf die Seiten des 1G46. Im linken Bild sind
unter dem großen Kopfspiegel die Anschlüssen für das Parallelogrammgestänge
erkennbar, mit dem die Kanone an das vertikale Teilsystem der
Blickfelsstabilisierung angekoppelt ist. Ganz unten befinden
sich die vorderen Auflagezapfen für den Einbau des Zielfernrohres.
Das mittleren Bild zeigt die Rückseite, die sich nach dem Einbau
direkt hinter der Frontpanzerung des Turmes befindet. In diesem
hinteren Teil des Fernrohrmoduls befindet sich die Mechanik
des Blickfeldstabilisierung. Ähnlich der vertikalen Blickfeldstabilisierung
des TPD-K1 erfolgt die unabhängige Stabilisierung
in der vertikalen Ebene. Für die
unabhängige Stabilisierung der Visierlinie in der Horizontalen
wurde ein zusätzlicher, horizontal drehbarer Spiegel unterhalb
des Kopfspiegels eingebaut.
Dabei hat der horizontale Spiegel eine Freiheitsgrad von jeweils
8 Grad nach rechts bzw. links. Die Funktionsweise der Visierlinienstabilisierung
wird im Rahmen der Beschreibung der
Stabilisierungsanlage
2E42 beschrieben. Auf dem Bild oben rechts wird
die linke Seite des 1G46 gezeigt. Gut erkennbar an der linken
Stirnseite des großen, nach unten herausragenden Kastens, der
kurbelartige Drehgriff zum mechanischen Entarretieren der Kreisel
der Visierlinienstabilisierung.
Das
Bild links zeigt den Aufbau des Strichbildes. Es besteht im
Wesentlichen aus drei Hauptelementen. Auf dem beweglichen
Teil befinden sich die Entfernungsskalen (von links) für das Schießen mit
B für APFSDS (12), O für HEF (1) und
K für HEAT (2). Um die Entfernungen für APFSDS,
wegen
der hohen Rasanz der Flugbahn und der damit verbundenen Dichte
der Entfernungsstriche, noch vertretbar genau einstellen zu
können, wurde diese Skala waagerecht auseinandergezogen. Die
drei Entfernungsskalen dienen lediglich dem Schießen im Notbetrieb.
Auf dem beweglichen
Teil befindet sich ebenfalls ein
Reihe waagerechter Nebenrichtmarken und Nebenstachel (5)
für das Schießen auf bewegliche Ziele bzw aus der Fahrt heraus.
Entsprechend der oben eingestellten Entfernung bewegen sich
die Nebenrichtmarken nach oben bzw unten. Durch Nachrichten
der Kanone wird im Notbetrieb der notwendige Erhöhungswinkel
der Kanone eingestellt. Auf dem unbeweglichen Teil befindet
sich der waagerechte Entfernungsfaden (13)
zum Einstellen der Entfernungen im oberen Skalenteil. Ebenfalls unbeweglich ist der zentrale Hauptstachel (3)
mit dem senkrechten, nach unten verlängerten Strich (11),
an dem sich die Entfernungsmarken (4) für das 7,62 mm
Turm-MG befinden. Links von diesem Strich befindet sich die
stadiametrische Entfernungsschätzskala (10) mit einer
Messbasis für eine Standardzielhöhe von 2,5 m. Die Hauptrichtmarke
im Notbetrieb ist der Schnittpunkt zwischen den waagerechten
Vorhaltemarken (5) und dem langen senkrechten Strich
(11)unterhalb des zentralen .Hauptstachels. Seitenvorhalte
werden analog berücksichtigt. Beim Schießen mit der Feuerleitanlage
1A45 werden Ziele grundsätzlich mit dem zentralen, starren Hauptstachel
(3) angerichtet, der mit der Messmarke des Laserentfernungsmessers
identisch ist. Mit Freigabe der Abfeuerung durch den ballistischen
Rechner und die Schussverblockungsbaugruppe leuchtet ganz links unten
die entsprechende Leuchtdiode (9)
auf, es kann abgefeuert werden. Der unbewegliche Hauptstachel bleibt unverändert
die Hauprichtmarke. Durch die Waffennachführanlage und den ballistischen
Rechner werden Turm und Kanone um die entsprechenden Winkel
aus ihrer Grundposition in Bezug zur Visierlinie ausgelenkt.
Auf dem unteren LED-Feld, dem dritten Hauptelement, werden darüberhinaus angezeigt die
eingestellte Munitionsart (8), die gemessene Entfernung
(7) und die Warnung bei Übersteuerung durch den Kommandanten
(6). Die Marken unterhalb der Entfernungsskale für
HEF sind Bestandteil der Feldjustiereinrichtung. Nach Betätigen
des Schalter für die Feldjustiereinrichtung. laufen die Kanone
und die Spiegelbaugruppe in feste Positionen zu einander ein.
Ist die Justierung korrekt, steht die mechanischen Marke (18
und 19) an der Rohrmündung genau zwischen den waagerechten
Teilstrichen (14; 15 und 16) und mittig
zum senkrechten Teilstrich (17). Bei Bedarf kann nachjustiert
werden.
Der
digitale ballistische Rechner 1V528-1, je nach Typ des Kampfpanzers
in einer der verschiedenen Modifikationen, berücksichtigt maximal
14 unterschiedliche Munitionsarten sowie deren von einander
abweichenden mittleren Treffpunkte, die sogenannten Systemfehlerwerte.
Am Bedienpult de Rechners können eingestellt werden: (von links
oben): der Luftdruck, Abweichung der Anfangsgeschwindigkeit,
die Entfernung in hundert und tausend Meternschritten oder Umschalöten
auf die automatische Entfernungserfassung sowie in der unteren Reihe
von links: der Durchmesser des Ladungsraumes als Merkmal
des Rohrverschleißes, die Ladungstemperatur und die Lufttemperatur.
Es folgt der Ein- und Ausschalter des Verkantungsgebers und
ein Taster für die Funktionsprüfung. Automatisch werden erfasst
der Seitenwind sowie Geschwindigkeit und Kurswinkel des eigenen
Panzers für die Berechnung der Rücksteuerung.
Die
Hauptfunktionen werden am Hauptschaltkasten des Richtschützen
bedient, den das linke Bild zeigt. In der oberen Reihe befindet
sich eine Sicherung 1A und die Sicherungsschutzschalter für
die Hauptnetze der Feuerleitanlage und der automatischen Ladeeinrichtung
und der Schalter zum Zuschalten der Stromversorgung der Waffenstabilisierung.
Leuchtfelder zeigen den Schaltzustand an. Die darunter liegende
Schalterreihe unfasst eine roten Taster zum "Löschen" eines
ablaufenden Lenkprozesses der Lenkwaffenanlage 9K119 REFLEKS, den Ausschalter des Ballistischen Rechners
und des Entfernungsmessers sowie einen Betriebsartenschalter
für das Schießen mit D<1000
m bzw. mit Überhöhung. An der ganz
linke Seite befinden sich Schalter für die Bedienung der Belüftungsanlage,
der Beleuchtung der Bedienungseinrichtungen, ein Taster für
den Betrieb bei Unterwasserfahrt und ein Taster für die hydro-pneumatische
Reinigung des Spiegelkopfes an der Turmaußenseite.
Das
Bild links zeigt den Eingabeblock 1V216. Er dient der Umstellung
der vom ballistischen Rechner zu verwendenden Munitionart,
entsprechend der aktuell im Panzer aufmunitionierten Geschosse. Dadurch kann
der Rechner aus dem digitalen Speicher in der ersten Version
bis zu 14 verschiedenen Munitionsarten abrufen. Die
neuste Versionen 1V216M und 1V216M-1 stellen bereits 25 bzw
31 gespeicherte Geschosstypen bereit. Beim Aufmunitionieren muss der
Kommandant jeweils, von links, für HEAT, HE-FRAG und APFSDS
die entsprechende Schalterstellung wählen.
Der
Vollständigkeit halber sei der Steuer- und Regelblock der Lenkwaffenanlage
genannt. Diese sogenannte Automatikblock 9S517 befindet sich rechts neben dem Kommandanten unterhalb
des Turmdrehkranzes und stellt wichtige Funktionen fürdie Lenkwaffenanlage bereit. Dieser
Block arbeitet mit einem Spannungstabilisator und dem
Block der Laserleitstrahleinheit am 1G46 zusammen.
Auf der VTTV 2007
in Omsk stellte VOMZ, der Hersteller der Feuerleitanlage 1A43
mit dem Zielfernrohr 1G46, eine weitere Modernisierung vor.
Durch eine bessere Dämpfung der Kreisel der Blickfeldstabilisierung
wurde das systembedingte und nicht völlig vermeidbare Auswandern
der Visierlinie erheblich verringert. Rohrverschleiß und Rohrverbiegung
werden automatisch erfasst und vom Rechner kompensiert. Der
Entfernungsmessblock "Block D" wurde verbessert. Dabei
konnte die Sendeenergie des Lasers des Entfernungsmesser um
das vierfache verringert werden. Die minimale Messentfernung
wurde von 200 auf 100 m gesenkt. Der Eingabeblock 1V216
wurde verbessert. In der Modifikation 1V216M können jetzt durch
den ballistischen Rechner bis zu 25 und in der Modifikation
1V216M-1 bis zu 32 Geschosstypen angesprochen werden. Außerdem wurde ein neuer
Informationsblock 9C516 entwickelt, der für die Datenspeicherung-
und Verarbeitung wichtig ist. Der neue Block ist ein sogenannter
"trockener", das heist, es wurde auf die bisherige
Flüssigkeitskühlung verzichtet. Dadurch konnte die Zuverlässigkeit
gesteigert und die Kapazität erhöht werden. Auf den bisher notwendigen
Stromversorgungsblock konnte verzichtet werden, weil der neue
Informationsblock direkt an das 24 Volt Bordnetz angeschlossen
werden kann.
Wichtige Kenndaten
des Zielfernrohres 1G46:
Vergrößerung
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2,7x ... 12x (stufenlos)
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Sichtfeld
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20° ... 4,5° (stufenlos)
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Richtbereich vertikal
horizontal
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+ 20° ... - 14 ° ± 8 °
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Genauigkeit der Visierlinienstabilisierung bei
30 km/h
|
max. 0,2 Strich Abweichung
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Laser-Entfernungsmesser Genauigkeit
Messbereich
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nicht mehr als 25 m Abweichung 400 ...
5000 m (neu: 200 ... 5000 m)
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effektive Schußweite APFSDS
HEAT
/ HEF Rakete
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2200 ... 2500 m 1700 ... 2000 m 150 ...
5500 m
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Visiereichweite APFSDS
HEF
HEAT
PKT
7,62 mm
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3000 m 4000 m 3000 m 1600 m
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Speicherplätze für Munitionsarten mit
Einstellblock 1V216 mit Einstellblock 1V216M mit
Einstellblock 1V216M-1
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maximal 14 maximal 25 maximal
32
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In dieser Form wird vermutlich das 1G46 das letzte Modell
sein, das eine mechanische Stabilisierung der Visierlinie besitzt.
Wenn auch diese Technologie sehr zuverlässig ist und ausreichende
Genauigkeit gewährleistet, so bedingt sie doch eine bestimmte
Baugröße. Der erkennbaren Wandel im russischen Panzerbau, insbesondere
mit dem Übergang zu anderen Panzerungstechnologien, erfordert
aber wesentlich kleinere Baugruppen. Somit werden in Zukunft
elektronische Baugruppen die Stabilisierung des Ausblickspiegels
übernehmen. Das ermöglicht es, die neuen Zielfernrohre überwiegend
vertikal und deutlich platzsparender zu konstruieren.
Hinweis: Die russischen Erzeugnisse unterliegen einem
recht unüberschaubaren Index-System. Deshalb können sich in
der Bezeichnung der Einzelbaugruppen Abweichungen durch angehängte
weitere Zeichen ergeben. Durch das modulare System sind ebenfalls
abweichende Systemzusammenstellungen möglich.
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