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Die Munition für die
100 mm Kanone D-10T
Part
1 Part
2
Für die russische 100
mm Kanone D-10, die schon in den Jahren des zweiten Weltkrieges
unter anderem für den Jagdpanzer ASU-100 entwickelt wurde, gibt es
eine große Anzahl verschiedenster Munitionsarten. Für den Einsatz
im Krieg wurden in den 40er Jahren die Splittersprenggranate und die Panzergranate
entwickelt. In den Jahren nach dem Krieg entstanden eine flügelstabilisierte
Hohlladungsgranate und ein Unterkalibergeschoss mit abtrennbarer Führungshülse.
In den 70er/80er Jahren wurde ein flügelstabilisiertes Unterkalibergeschoss
entwickelt und in die Truppe eingeführt. Die 100 mm Munition ist
grundsätzlich patroniert. Es werden zum großen Teil Messinghülsen
verwendet, vielfach kommen aber auch Stahlhülsen zum Einsatz. Die Zündung
der Treibladung erfolgt elektromechanisch über einen Schlagbolzen der
auf eine Schlagzündschraube im Hülsenboden wirkt.
Im Rahmen von Modernisierungsprogrammen wurde
die Möglichkeit geschaffen, eine lasergelenkte Rohrrakete aus der 100
mm Kanone des T-55AM2
zu verschießen. Sie wird im Part
2 eingehend beschrieben.
Typenbezeichnung |
Munitionsart |
Anfangs- geschwindig- keit |
Zünder |
Masse der Granate |
Masse der Spreng- ladung |
Besonderheiten |
OF-412 |
Splitterspreng -granate |
900 m/sec |
RGM6; W429 |
15,60 kg |
1,46 kg |
einstellbarer
Zünder |
BR
412B |
Panzergranate |
895 m/sec |
MD-8 |
15,88 kg |
0,065 kg |
mit abgeflachtem Kopf und ballistischer Haube |
BR
421D |
Panzergranate |
887 m/sec |
MD-8 |
15,88 kg |
0,065 kg |
mit ogivalem Kopf, Haftmaterial und ballistischer Haube |
BK-5 |
Hohlladungsgranate |
? |
? |
? |
? |
Flügelstabilisiert, ohne Drall |
BM-8 |
Unterkalibergeschoss |
1425 m/sec |
ohne |
4,13 kg
|
ohne |
mit abtrennbarem Unterboden, Kaliber im Flug 50 mm |
BM-20 |
Unterkalibergeschoss |
1430 m/sec |
ohne |
4,58 kg
|
ohne |
Flügelstabilisiert mit Treibkäfig, |
3UBK10-1 |
patronierte Rohr-Lenkrakete |
370 m/sec mittl.. Flug- geschwin- digkeit |
Aufschlag durch Kurzschluß- kontakt |
17,6 kg |
? |
mit Rakete 9M117, Laserleitstrahllenkung |
Die Splittersprenggranate OF-412 ist eine Brisanzgranate mit der Möglichkeit
den Zünder auf verschiedene Zielwirkungen einzustellen. Ihr Einsatz
richtet sich vorrangig gegen lebende Kräfte, leichtgepanzerte und ungepanzerte
Ziele und Feldbefestigungen. Im Kampfsatz der Panzer T-55 (NVA der DDR)
befanden sich üblicherweise 22 Patronen der OF-412. Die Treibladung
besteht aus progressiv abbrennendem Röhrenpulver. Die Treibladungsröhren
sind mit einem in Zeresin getränkten Papier eingewickelt, dem sogenannten
Phlegmatisator. Er soll die infolge der Temperatureinwirkung
entstehende Abnutzung des Rohres verringern. Zwischen Granate und Treibladung
wird ein Entkupferungsdraht eingelegt, der aus einer Blei-Zinn-Legierung
besteht und die Kupferablagerung durch die Führungsringe beseitigen
soll. Am Boden der Treibladung befindet sich in einem kleinen Beutel die
Anzündladung. Sie besteht aus Schwarzpulver, das schon bei geringem
Innendruck mit bis zu 400 m/sec abbrennt und so rasch einen solchen Druck
im Ladungsraum schafft bei dem die Haupttreibladung gleichzeitig entflammt.
Ein kleiner Beutel mit einem speziellen Salz, die sogenannte Salzvorlage,
soll den Feuerball an der Kanonenmündung verringern helfen. In den Boden
der Hülse wird die Schlagzündschraube KW-4 eingeschraubt, die
vom Schlagbolzen im Verschlußkeil ausgelöst wird. Um den Rohrverschleiß
zu verringern, kann die OF-412 auch mit einer um die Hälfte verringerten
Treibladung geliefert werden. Dann beträgt die Anfangsgeschwindigkeit
lediglich 600 m/sec und der Rohrinnendruck wird um ein Drittel reduziert.
Im Zielfernrohr ist eine spezielle Entfernungsskala für die OF-412 mit
verringerter Ladung vorhanden. Die OF-412 besitzt einen einstellbaren
Kopf-/Aufschlagzünder. Er ist werksmäßig auf Sprengwirkung
eingestellt. Mit dieser Einstellung können leichtgepanzerte Ziele,
wie Schützenpanzer und leichte Feldbefestigungen, sehr effektiv bekämpft
werden. Durch die minimale Verzögerung wird die Sprengladung erst ausgelöst
wenn z.B. die Panzerung eines Schützenpanzers an der Aufschlagstelle
zu bersten beginnt oder ein leichter Erdwall einer Feldbefestigung durchschlagen
wurde. Die Verzögerungswirkung wird lediglich durch die stählerne
Abdeckkappe am Zünderkopf erreicht, welche die empfindliche Zündermembran
schützt. Wird die Stahlblechkappe am Zünderkopf abgeschraubt,
dann spricht der Zünder ohne Verzögerung sofort an. Diese Wirkung
wird gegen offene lebende Kräfte und ungepanzerte Bodenziele eingestellt,
die Splitterwirkung kann sich am effektivsten entwickeln da die Granate
noch vor dem Eindringen ins Erdreich detoniert. Die Splitterwirkungsfläche
der OF-412, in der 90 % aller offenen Kräfte vernichtet werden, beträgt
31 Meter in der Breite und 13 Meter in der Tiefe. Gegen befestigte Verteidigungsanlagen
kann der Zünder auf die Wirkung "Spreng mit Verzögerung" eingestellt
werden. Dazu wird vom Ladeschützen mit dem Zünderstellschlüssel
am Zünderkopf der Hauptzündkanal geschlossen, so das die Zündung
erst erfolgt wenn sich der primäre Zündfunke durch einen Verzögerungskanal
durchgebrannt hat. Während dieser Zeitspanne kann die Granate die Wandung
einer Befestigungsanlage durchschlagen um dann im Inneren zu detonieren.
Der Kopfaufschlagzünder W-429
hat folgenden Aufbau: an der Zünderspitze die abschraubbare Zünderkappe
(hellbraun, 1) wird sie abgeschraubt, liegt die Zündermembran (blau,
40 ) ungeschützt frei, unmittelbar unter ihr befinden sich die Teile
der Aufschlageinrichtung. Der Schlagbolzen (rot, 5) wird im Lagerzustand
in einer Sicherungshülse (grün, 37) von den Sperrkugeln (grün,
36) gehalten. Erst beim Abschuss schlägt die Hülse unter
der Beschleunigung zurück und die Kugeln fallen seitlich aus der Hülse
heraus. Eine weitere Sicherung (gelb schraffiert) im unteren Drittel des
Zünders wird durch den Drall der Granate entsichert. Erst wenn beide
Sicherungen entsperrt sind, ist die Granate scharf. Die Zünderstellschraube
(hellbraun in der Mitte, 14) steht werksmäßig auf "O", also Splitterwirkung.
Die Zündverzögerung wird in diesem Fall nur von der Zünderkappe
gewährleistet. In der Stellung "S", das bedeutet "Geschlossen",
schließt sich der weiße Hauptzündkanal und der Zündfunke
muß einen zusätzlichen Kanal durchbrennen (hier nicht eingezeichnet). Am
Boden des Zünders befindet sich die Ladung welche die Detonation der Granate
auslöst.
Die
Panzergranate BR-412 ist die klassische panzerbrechende Granate des zweiten
Weltkrieges. Sie war noch bis in die 70er und 80er Jahre im Einsatz vieler
Streitkräfte die den T-54 / T-55 im Bestand hatten. Ihre Treibladungshülse
ist der Hülse der OF-412 gleich. Es handelt sich um ein Vollgeschoss mit
einer kleinen Sprengladung (gelb) im Granatbodenteil. Ein Bodenzünder
mit Leuchtspureinrichtung (rot) gewährleiste die Detonation der Granate
nach Durchschlagen der Panzerung. Sie sollte gegen alle gepanzerten Ziele
bis zum Kampfpanzer eingesetzt werden. Durch die zusätzliche Sprengladung
wird eine hohe Vernichtungswirkung erreicht. Um das Abgleiten der Granate
beim Aufschlagen auf eine schräge Panzerung zu vermeiden, ist die Spitze
abgeflacht. Dadurch kippt die Granate, links im Bild die BR-412B, an der
Einschlagkante in die Panzerungssenkrechte und gleitet nicht mehr ab. Ein
Haftmaterial aus einem relativ weichen Metall, wie bei der
BR-412D, verstärkt diesen Effekt deutlich. Bedingt durch die hohe Geschossmasse
von fast 16 kg ist sie wenig anfällig gegen Seitenwind. Die Durchschlagsleistung
der BR-412D beträgt auf 500 Meter bei 60 Grad Auftreffwinkel 150 mm
Stahl und bei 90 Grad 200 mm. Auf 1500 Meter werden noch 130 bzw. 170
mm Stahl durchschlagen. Wegen der ungenügenden Wirkung gegen moderne
Kampfpanzer kann die BR-412 nicht mehr erfolgversprechend eingesetzt werden.
Die Hohlladungsgranate BK-5 ist eine
flügelstabilisierte Granate mit kumulativer Wirkung. Wegen der negativen
Wirkung des Dralls auf den Kumulativstrahl besitzt diese Granate eine Einrichtung,
die den beim Abschuss im gezogenen 100 mm Rohr entstehenden Drall
durch einen sich durchdrehe nden
Führungsring aufnimmt. Die vier Stablisierungsflügel klappen nach
Verlassen des Rohres unter der anströmenden Luft und dem Restdrall
nach außen auf. Der Restdrall hat auf die Wirkung der Hohlladung nur
noch eine vernachlässigbare Wirkung. Ein Piezo-Elektrischer Zünder
gewährleistet das sichere und vor allem rasche Ansprechen beim Aufschlag.
Durch die enorm kurze Ansprechzeit wird das Zerstören des Granatkopfes
beim Aufschlag verhindert und der für die effektive Wirkung des kumulativen
Strahls nötige Abstand des Kollapspunktes der Hohlladung zur Panzerung
gewährleistet. Werksmäßig ist der Zünderkopf mit einer
Schutzkappe versehen, die vor dem Laden zu entfernen ist. Bei starkem Regen
war diese Kappe auf dem Zünder zu belassen um das vorzeitige Detonieren
während des Fluges auszuschließen. Die BK-5 ist wegen ihrer großflächigen
Flügel sehr seitenwindempfindlich. Im Kampfsatz der T-55 der NVA
der DDR befanden sich z.B. sechs Patronen dieser Granate. Die Treibladung
besteht aus Röhrenpulver in kurzen Stücken und einem Teil langer
Pulverröhren. Die Zusätze zur Treibladung entsprechen der Treibladung
der OF-412.
Das Unterkalibergeschoss BM-8 ist
ein Wuchtgeschoss mit abtrennbarer Führungshülse. Es ersetzte
die Panzergranate BR-412 und befand sich bis in die 80er Jahre hinein im
Kampfsatz vieler Staaten. Konstruktiv entspricht es im wesentlichen dem
Unterkalibergeschoss M392.
Für den üblichen Kampfsatz der T-55 der NVA der DDR waren 15 BM-8
vorgesehen. Das Geschoss besteht aus dem 120 mm langen Wolfram-Penetrator
von 2,82 kg Gewicht und einem Weichmetallkopf mit einer ballistischen Haube.
Das Kaliber im Flug beträgt 50 mm. Es wird eine Anfangsgeschwindigkeit
von 1425 m/sec erreicht. Das Geschoss selbst
wiegt 4,13 kg und mit Führungshülse 5,69 kg. Der Weichmetallkopf
hat die gleiche Funktion wie das Haftmaterial
der BR-412D und soll das Abgleiten beim Aufschlag verhindern. Kopf und Penetrator
werden durch eine verbindende Stahlhülse umschlossen. Im Boden des
Geschosses ist die Leuchtspureinrichtung eingeschraubt. Eine Sprengladung
besitzt das Geschoss nicht. Die abtrennbare Führungshülse hält
das Geschoss in der Patronenhülse und führt es beim Schuss im
Rohr der Kanone. Dabei wird dem Geschoss durch die vier seitlichen Madenschrauben
im Boden der Führungshülse der Drall übertragen. Durch die
Abschussbeschleunigung und unter dem Staudruck der Luft nach Verlassen des
Rohres werden die Schrauben abgeschert und die Führungshülse löst
sich vom Geschoss. Die Treibladung besteht aus Röhrenpulver in kurzen
Stücken. Die Zusätze zur Treibladung entsprechen der Treibladung
der OF-412. Die Durchschlagsleistung der BM-8 entsprach Ende der 70er
Jahre nicht mehr den Anforderungen. Sie wurde durch das modernere Geschoss
BM-20 ersetzt.
Das Unterkalibergeschoss
BM-20 ist ein flügelstabilisiertes Geschoss mit Treibkäfig.
Das Geschoss erreicht eine Anfangsgeschwindigkeit von 1430 m/sec. Die Masse
des Geschosses beträgt 4,58 kg. Das Geschoss besteht aus einem Stahlkörper
mit einem innenliegenden, 4,06 kg schweren Penetrator aus Wolfram von 38
mm Durchmesser und 490 mm Länge. An der Spitze befindet
sich das bekannte Haftmaterial
und eine ballistische Haube. Am Heck sind die vier Stabilisierungsflügel
und die Leuchtspureinrichtung angebracht. In der Hülse wird das
Geschoss von einem dreiteiligen Treibkäfig gehalten, der auch die Führung
im Rohr gewährleistet. Ein durchdrehender Kupferführungsring hält
den Treibkäfig zusammen und verhindert die Übertragung des Dralls
auf das Geschoss. Die Beschleunigungskräfte werden von vier starken,
verzahnten Ringen in Geschoss und Treibkäfig aufgenommen. Eine vulkanisierte
Gummiauflage am hinteren Teil des Treibkäfiges verhindert beim Abschuss
das Durchbrechen der Pulvergase nach vorn. Nach Verlassen des Rohres brechen
die drei Teile des Treibkäfiges unter dem Staudruck der Luft auseinander
und lösen sich vom Geschoss ab. Später entwickelte Versionen der
BM-20 (rechtes Bild) besitzen ein weiter verlängertes Geschoss mit
verbessertem Penetrator. Die Patronenhülse besteht aus Messing
oder Stahl. Die Treibladung setzt sich zusammen aus 5,9 kg Röhrenpulver
in kurzen Stücken. Ein Phlegmatisator
hüllt die Treibladung in der Hülse ein. Zur Zündung der Treibladung
wird die neuentwickelte Schlagzündschraube KW-13U verwendet. Anders
als bei der bisherigen Treibladung der 100 mm Patronen wurde ein Anzündstab
hinzugefügt der weit in die Treibladung hineinragt und das gleichmäßige
Entflammen der Treibladung sichert. Die Salzvorlage
und der Entkupferungsdraht
ergänzen die Treibladung. Die Zündung erfolgt elektro-mechanisch
durch den Schlagbolzen im Verschlußkeil.
Schußtafeln
100
mm APDS BM-8,
HEAT BK-5
und HE-FRAG
OF-412
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