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T-72

 

Die Feuerleitanlage der Kampfpanzer T-72, T-72A und T-72B

In den 60er Jahren erhielt das Konstruktionsbüro von Uralvagonzavod in Nizhnii Tagil den Auftrag, die Serienfertigung des in Charkov entwickelten T-64 vorzubereiten, der als einziger Standardkampfpanzer für die sowjetischen Streitkräfte vorgesehen war. In Folge der äußerst schwierigen Entwicklungsarbeiten am T-64 entschloss man sich in Nizhnii Tagil erhebliche Veränderungen an diesem Panzer vorzunehmen, die sich aber überwiegend auf die Kraftübertragung, das Laufwerk und die automatische Ladeeinrichtung beschränkten. In der Waffenanlage, der kompletten Feuerleitanlage und somit in der Feuerkraft waren der T-64A, der T-72 und sogar der wenig später produzierte T-80 völlig identisch. Es gelang jedoch den Konstrukteuren um Karzeev, das Konzept des T-72 technologisch so optimal zu gestalten, dass dessen Massenfertigung nichts mehr im Wege stand. Insgesamt wurden etwa 20.000 Kampfpanzer T-72 aller Versionen produziert, die nach wie vor weltweit im Einsatz stehen. Der T-72 ist einer der Kampfpanzer mit dem bisher größten Modernsierungspotential.

Der Kommandant. Der T-72 wurde wie schon bei den Kampfpanzern T-54/55 und T-62 mit einer drehbaren, sehr flachen Kommandantenkuppel ausgestattet. Dabei ist der Ring der eigentlichen Luke in einem weiteren drehbaren Ring gelagert. Dieser zweite Ring trägt die Lafette des 12,7 mm Maschinengewehrs NSWT. Der Lafettenring ist um volle 360 Grad drehbar. In der Marschlage wird der Lafettenring arretiert und begrenzt damit in der hinteren Sphäre die Drehfreiheit der Kommandantenluke. Dadurch kann die Kommandantenluke zur Beobachtung nur um etwa 160 Grad nach rechts bzw. nach links verdreht werden.
Im Zentrum der Luke befindet sich das kombinierte Tag/Nacht-Kommandantenbeobachtungsgerät TKN-3. Die Vergrößerung für den binokularen Tag-Kanal beträgt das 7-fache und für den Nachtkanal das 5-fache. Dabei ist der Nachtkanal nur pseudo-binokular, da er zwar einen binokularen Einblick aber nur ein einziges Objektiv besitzt. Für die Beobachtung bei Nacht wird der an der Kuppel vorn angebrachte kleine Infrarot-Scheinwerfer zugeschaltet. Die Sichtweite beträgt unter guten Bedingungen cirka 400 -500 m. Das Beobachtungsgerät TKN-3 kann in der Vertikalen mit zwei Griffen bewegt werden, der Infrarotscheinwerfer ist dabei über eine Zugstange mechanisch an das TKN-3 gekoppelt und folgt dessen vertikalen Bewegungen. Der Wechsel vom Tag zum Nachtbetrieb erfolgt durch Einschalten der Stromversorgung rechts unten am Gehäuse und durch Umschalten des optischen Tagkanals auf den Infrarotbildwandler mit einem Hebel an der rechten Seite des Gehäuses. Um Überblendungen des Bildwandlers bei Nacht zu vermeiden, kann eine Vorhangblende betätigt werden. Der Hebel dazu befindet sich über dem Stirnschutz der Okulare. Oben rechts befindet sich der Hebel für den Scheibenwischer.

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Bild 1, Turmoberseite T-72
 

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Bild 2, Kommandantenluke
 

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Bild 3, Kommandantenluke
(ohne Infrarot-Scheinwerfer)

Zwei große Winkelspiegel befinden sich rechts und links neben dem Beobachtungsgerät. Sie sind von ausgezeichneter optischer Qualität und besitzen ein großes vertikales und horizontales Sichtfeld. Zwei sehr kleine Winkelspiegel befinden sich rechts bzw. links im Lukendeckel. Sie dienen allerdings eher der Beobachtung in Notfall. Durch ihre Bauart bedingt, muß man schräg von unten hineinblicken. Dies ist ein Kompromiss um den Platz des Kommandanten nicht übermäßig einzuschränken. Rechts neben dem rechten großen Winkelspiegel befindet sich die mechanische Zurrung des inneren Drehringes, der eigentlichen Kommandantenkuppel. Die Zurrung für den äußeren Drehring befindet sich neben der Lafette des NSWT, im Bild 12 gut zu erkennen unter der Höhenrichtkurbel des 12,7 mm NSWT.
Im Zentrum der Lukeninnenseite erkennt man den Hebel zum Entarretieren der geöffneten Luke. Darüber befindet sich, neben dem Griff, der Riegel zum Verschließen der Luke. Die Innenseite der Luke, je nach Version auch die äußere Seite, ist mit einem Material ausgekleidet, dass radioaktive Strahlung absorbiert und auch die Funktion des Spall-Liners erfüllt. Mit diesem Material ist der gesamte Innenraum des Kampfraumes ausgekleidet.

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Bild 4, TKN-3

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Bild 5, Kommandantenluke

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Bild 6, Kommandantenluke

In der Horizontalen bewegt der Kommandant die Luke mit den zwei Griffen am TKN-3. Dies ist durch eine sehr gute Kugellagerung des Drehringes auch ohne großen Kraftaufwand möglich. Zusätzlich sind an den Griffen zwei Druckschalter angebracht. So kann auf Knopfdruck der innere Drehring elektromechanisch mit dem Turmdrehkanz verbunden werden. Die Kuppel dreht dann gegen die Turmdrehrichtung und ist damit faktisch in der Horizontalen stabilisiert. Bei Betätigung des anderen Knopfes dreht sich der Turm mit maximaler Richtgeschwindigkeit auf die Sichtlinie des Kommandantenbeobachtungsgerätes ein und bleibt stehen. So kann der Kommandant den Richtschützen in der Horizontalen übersteuern und ihm rasch Ziele mit höherer Priorität zuweisen. Das Sichtfeld des Tagkanals zeigt eine Strichskala für die Entfernungsbestimmung nach militärischem Winkelmaß in Strich. Zusätzlich kann die Entfernungsschätzskala im unteren Teil des Sichtfeldes genutzt werden. Sie basiert auf einer angenommenen Standardhöhe für Panzerziele von 2,70 m Höhe. Die Unterkante und die Oberkante des Ziels müssen in den Schätzrahmen eingepasst werden um die Zielentfernung ablesen zu können.
Insgesamt gestattet die Kommandantenkuppel ein gutes Beobachten bei Tag und einen rasche Zielerkennung auf mittlere Entfernungen sowie eine unverzügliche Zielübergabe an den Richtschützen. Die fehlende Blickfeldstabilisierung schränkt die Nutzbarkeit bei der Nutzung im fahrenden Panzer allerdings ein. Die Rundumorientierung ist durch die großen Winkelspiegel und die Drehbarkeit der Kuppel als gut einzuschätzen. Die Möglichkeiten zur Beobachtung bei Nacht sind dagegen unbefriedigend. Im Verlaufe der Jahre wurde das TKN-3 mehrfach verbessert und mit moderneren Bildwandlern der II. und III. Generation ausgestattet, Das TKN-3M erreicht im aktiven Infrarotbetrieb eine Reichweite von 600 m und gestattet die Beobachtung im passiven Infrarotbetrieb auf Entfernungen bis zu 400 m.

Der Richtschütze. Der ursprüngliche T-72 war bei seiner Einführung in die Truppe mit einem kombinierten Zielfernrohr-Entfernungsmesser vom Typ TPD-2-49 , Werksindex 1G15, ausgerüstet. Bei diesem Entfernungsmesser handelte es sich um ein Schnittbildsystem mit einer Messgenauigkeit von 3%. Das Blickfeld des Richtschützen ist in der Vertikalen unabhängig stabilisiert, das Messen der Entfernung ist dadurch auch in der Bewegung möglich. Für das Nachtschießen wird das Infrarotzielfernrohr TPN-1-49-23 verwendet. Es ist links vom Hauptzielfernrohr installiert und über das Hauptzielfernrohr mechanisch mit der Kanone verbunden und somit in beiden Ebenen abhängig stabilisiert. Ende der 70er Jahre wurde der T-72 modernisiert und in diesem Zusammenhang mit dem Zielfernrohr-Entfernungsmesser TPD-K1 ausgerüstet. Es handelt sich ebenso wie beim Vorgänger um ein Zielfernrohr mit unabhängiger Stabilisierung der Visierlinie in der Vertikalen und verfügt über einen integrierten Laserentfernungsmesser. Als Nachtzielfernrohr wurde bei späteren Baulosen und im Rahmen von Modernisierungen an Stelle des veralteten TPN-1 auch das aktiv/passive Infrarotnachtzielfernrohr TPN-3 oder später das TPN-4 BURAN eingebaut. Zusätzlich befindet sich beim Richtschützen in der Turmdecke ein separater Winkelspiegel zur Beobachtung nach vorn. Ein weiterer kleiner Winkelspiegel befindet sich in der Luke des Richtschützen und ermöglicht die Beobachtung nach links.

T-72A. Das Hauptzielfernrohr TPD-K1, eine Weiterentwicklung des TPD-2 mit optischem Entfernungsmesser, ist mit einer unabhängigen Stabilisierung der Visierlinie in der vertikalen Ebene und einem Laser-Entfernungsmesser ausgestattet. Die Visierlinienstabilisierung erfolgt rein mechanisch über einen Kreisel großen Durchmessers bei Starrheit von etwa 12 kg. Dabei ist die Stabilisierungsgüte der vertikalen Visierlinienstabilisierung ausgezeichnet. Eine Schussverblockung gewährleistet, dass die Abfeuerung nur freigegeben wird, wenn die Koinzidenz von Visierlinie und Rohrseelenachse garantiert ist. Die gemessene Entfernung wird digital angezeigt und automatisch eingestellt. Eine Korrektureinrichtung mit einem analogen elektro-mechanischen Rechenwerk gestattet die Berücksichtigung der Einwirkung von Rohrverschleiß, Ladungs- und Lufttemperatur und Luftdruck auf die Schussentfernung. Die Entfernungskorrektureinrichtung "Delta D" korrigiert die zuletzt gemessene und eingestellte Entfernung in Abhängigkeit von der Turmstellung und der Fahrstrecke des Panzers und verändert dazu kontinuierlich die eingestellte Schussentfernung. Die notwendigen Werte ermitteln ein Tacho-Generator im Leitrad des Laufwerkes und ein Turmstellungsgeber. Der Messbereich des Laser-Entfernungsmessers beträgt 500 bis 4000 m mit ±10 m Genauigkeit. Gemessene Entfernungen oberhalb 3000 m müssen manuell eingestellt werden da der automatische Entfernungseinstellblock diese Werte nicht mehr verarbeiten kann. Mit einem Schalter kann die automatische Entfernungseinstellung ausgeschaltet werden um gemessene Entfernungen gegebenfalls manuell einzustellen. Zur Unterdrückung von Messfehlern bei Bodenhindernissen zwischen Ziel und eigenem Panzer können Messergebnisse unterhalb 1200 m bzw unterhalb 1800 m unterdrückt werden.

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Bild 7, Lage der optischen
Geräte

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Bild 8, TPD-K1

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Bild 9, Strichbild TPD-K1
alt

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Bild 10, Strichbild TPD-K1
neu

Der Richtschütze visiert über eine rot eingeleuchtete Laser-Ringmarke im Sichtfeld des Zielfernrohres das Ziel an und betätigt an seinem Richtgriff mit dem rechten Daumen den Meßtaster. Die Entfernung wird gemessen und am Entfernungseingabeblock rechts oben neben dem Zielfernrohr digital angezeigt. Gleichzeitig wird im Zielfernrohr automatisch die Entfernung eingestellt. Die Hauptrichtmarke, also der Hauptstachel, verändert dabei ihre vertikale Position. Mit diesem Hauptstachel kann nun das Ziel angerichtet werden. Notwendige Korrekturen in der Horizontalen, für Eigen- und Zielgeschwindigkeit sowie Seitenwind, werden vom Richtschützen über manuelle Veränderungen des Vorhaltes berücksichtigt. Eine Entfernungsschätzskala im rechten Teil des Sichtfeldes ermöglicht die behelfsweise Entfernungsbestimmung für Panzerziele bei einer Basishöhe von 2,70 m. Für das Schießen mit dem Turm-Maschinengewehr wird die Entfernung bei eingestellter Granatart "Hohlladung" mit dem Laser ermittelt. Üblich war allerdings in der Praxis das Einstellen der Entfernung Null durch Betätigen des linken Daumendruckschalters und das Schießen mit den Entfernungsmarken für das Maschinengewehr, Diese Entfernungsmarken befinden sich als kleine Stachel vertikal unterhalb des Hauptstachels und umfasssen die Marken 50 m (Häkchen 0,5) bis 1900 m (Häkchen 19). Das Maschinengewehr ist auf die Entfernung von 500 m angeschossen.
Im Strichbild unten links befinden sich die drei kyrillischen Buchstaben "PUL" für die MG-Skala. Rechts befinden sich die Buchstaben "OF" für die Möglichkeit mit der Splittersprenggranate das Feuer auch auf Ziele oberhalb der einstellbare Entfernung von 4000 m hinaus führen zu können. Dazu werden die zusätzlichen Entfernungsmarken rechts am senkrechten Strich von 4200 m bis 5000 m benutzt.

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Bild 11

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Bild 12

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Bild 13

An der rechten Seite des Gehäuses, Bild 11, befinden sich die Bauteile der Verbindungsmechanik, die das Zielfernrohr über ein Parallelogrammgestänge mit den Schildzapfen der Kanone verbindet. Der äußere Kreiselrahmen der Visierlinienstabilisierung folgt über diese Gestänge den vertikalen Bewegungen der Kanone. Eine elektromechanische Koizidenzbaugruppe im Zielfernrohr, der sogenannte Schießautomat, garantiert, dass die Abfeuerung nur freigegeben wird, wenn sich Visierlinie und Rohrseelenachse im korrekten Winkel zueinander befinden. Das Nachtzielfernrohr ist starr an die Bewegungen der Kanone gekoppelt. Dazu verläuft eine Welle quer durch das Zielfernrohrgehäuse. Diese Welle und der zugehörige Übertragungshebel ist auf der linken Seite des TPD-K1 im Bild 12 gut zu erkennen. An der linken Gehäuseseite, befindet sich auch der Hebel zum mechanischen Freigeben des Kreisels der Visierlinienstabilisierung. Oben am Gehäuse ragen die beiden Justierschrauben zum Justieren des Zielfernrohres heraus. Der Ausblickspiegel des TPD-K1, Bild 13, ist eine auswechselbare Baugruppe. Jeder T-72 verfügt über einen Ersatzausblickkopf, der auch unter feldmäßigen Bedingungen durch die Besatzung selbst gewechselt werden kann.

T-72_FLA_015-1.jpgBild 14, TPD-K1

T-72_FLA_016-1.jpgBild 15, TPD-K1

Nomogramm.jpeg
Bild 16, Korrekturwert-
bestimmung

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Bild 17, kinematisches Schema des TPD-K1

Links oben, Bild 14, befinden sich drei Leuchten welche die gewählte Munitionsart anzeigen. Eine grüne Leuchte für die Splittersprenggranate, eine gelbe Leuchte für die Hohlladungsgranate und das Maschinengewehr und eine rote Leuchte für das Unterkalibergeschoss. Rechts von den Anzeigeleuchten befindet sich der manuelle Umschalter für die Munitionsart. Bei Ausfall der elektrischen Anlage kann dieser Umschalter herausgezogen und auf die gewünschte Munitionsart umgestellt werden. Dabei wird die entsprechende Kurvenscheibe mit den ballistischen Daten der gewünschten Munition mechanisch an die Visiereinstellung gekoppelt. Im Normalbetrieb erfolgt das Umschalten elektromechanisch sobald der Granatartwahlschalter des Ladeautomaten betätigt wurde. Weiter unten befindet sich der Hauptschalter für den Laser-Entfernungsmesser mit den zwei Kontrollleuchten rechts daneben. Die obere Leuchte signalisiert das der Laser eingeschaltet ist, die untere Leuchte signalisiert "Laser messbereit" und verlischt nach dem Messvorgang für kurze Zeit bis der Laser erneut bereit ist. Mit dem Schalter "Hand/Aut" links unterhalb der zwei Kontrollleuchten kann die automatische Einstellung der gemessenen Entfernung im Sichtfeld des Zielfernrohres unterdrückt werden.
Direkt unterhalb des Okulars ist das Bedienpult der automatischen Ladeeinrichtung befestigt, Bild 15. Der Drehschalter dient zur Auswahl der drei Munitionsarten, zum Ausschalten der Ladeeinrichtung und zum Einschalten der Betriebsart Aufmunitionieren bzw. Abmunitionieren. Außerdem befindet sich auf dem Bedienpult der Automatik/Hand-Schalter, der als Sicherheitsschalter des Richtschützen dient und beim Umschalten auf Hand die Abfeuerung, den Automatikbetrieb der Ladeeinrichtung und den Waffenstabilisator blockiert.

Arbeitsverfahren TPD-K1

  1. Beobachten mit stabilisiertem Blickfeld und hydraulischem Seitenrichtantrieb, Kanone nicht stabilisiert
  2. Beobachten mit stabilisiertem Blickfeld und horizontal stabilisiertem Turm, Kanone nicht stabilisiert
  3. Richten mit Handrichtantrieben, Entfernung wird manuell bestimmt
  4. Richten mit Handrichtantrieben, Nutzung des Laserentfernungsmessers
  5. Richten mit hydraulischem Seitenrichtantrieb, Verfahren 3 oder 4 für die Höhe
  6. Richten im vollstabilisierten Regime, Nutzung aller Möglichkeiten der Feuerleitanlage

Unterhalbdes Bedienpults der Ladeeinrichtung befindet sich ein Bedienfeld, Bild 15, mit drei Schaltern. Der linke Schalter betätigt die Entfernungskorrektureinrichtung "Delta D", der mittlere Schalter "Stabil" schaltet die volle Stabilisierung in vertikaler und horizontaler Ebene ein. Dazu ist zuvor der rechte Schalter "Antrieb" zu betätigen, wobei der hydraulische Seitenrichtantrieb sofort zur Verfügung steht und zugleich die Kreisel der Stabilisierungsanlage mit Strom versorgt werden. Nach 1,5 - 2 Minuten haben die Kreisel die zum Einschalten der Stabilisierung notwendige hohe Drehzahl erreicht. Rechts dieser drei Schalter befindet sich der Hauptsicherungskasten des TPD-K1 mit sechs Kontrolleuchten. Im Einzelnen (von oben links nach unter  rechts): "Stabil" = Waffenstabilisierung voll eingeschaltet, "Entarr." = der Kreisel des Kopfspiegels ist entarretiert und das Sichtfeld ist in vertikaler Ebene unabhängig stabilisiert, "Antrieb" = die Stromversorgung der Kreisel und der Hydraulikmotor für das horizontale Richten ist eingeschaltet, "Kommandant" = diese Leuchte signalisiert das Übersteuern durch den Kommandanten bzw. leuchtet im Fall der Nutzung des Havarieschwenkens des Turms durch den Fahrer, "Delta D" = die Entfernungskorrektureinrichtung Delta-D ist eingeschaltet", "Fertig" = diese Leuchte zeigt den Feuerbereitstatus der Feuerleitanlage und der Waffen an.
Unten am Gehäuse des TPD-K1 angebaut, ebenfalls im Bild 15 dargestellt, ist das sogenannte Steuerpult mit den Richtgriffen. An diesem befinden sich vorne die mit den Zeigefingern zu betätigenden Knöpfe für die elektrische Abfeuerung, rechts für die Kanone, links für das MG. Die Abfeuerungen für die Kanone und das MG sind nicht getrennt abschaltbar. Mit zwei mit den Daumen zu drückenden Schaltern wird der Entfernungsmesser bedient, rechts für das Messen, links zum Rückstellen der im Zielfernrohr eingestellten Entfernung auf Null. Mit den Daumen kann zusätzlich direkt ein Ring verdreht werden der sich zwischen Steuerpult und Zielfernrohrblock befindet und der unmittelbar auf die Stellmechanik der Ballistikkurvenscheiben wirkt. So kann direkt der automatische Entfernungseinstellblock des Laserentfernungsmessers übersteuert bzw. die Entfernung bei Ausfall der elektrischen Anlage manuell eingestellt werden.
Für einen besseren Halt der Hände sind die Richtgriffe unten mit einer Auflage versehen. Das horizontale Richten erfolgt durch horizontales Verdrehen des Steuerpultes. Bis zu einem spürbaren Anschlag erfolgt das horizontale Richten feinfühlig mit zunehmender Richtgeschwindigkeit, bei überdrehen des Anschlages schwenkt der Turm horizontal mit der maximalen Richtgeschwindigkeit von 18 Grad pro Sekunde im vollstabilisierten Betrieb und mit 20 Grad pro Sekunde beim hydraulischen Richten.
Bild 16 zeigt die Nomogramme zum Ermitteln des Summierungswertes für die Berücksichtigung der Lufttemperatur, der Ladungstemperatur, des Rohrverschleißes und des Luftdruckes. Der ermittelte Korrekturwert wird am Potentiometer rechts oben am TPD-K1 eingestellt. Bei der Feuerleitanlage 1A40 bzw 1A40-1 befindet sich ein zusätzliches Potentiometer auch beim Kommandanten, da die Nomogramme, aufgedruckt auf eine Aluminiumschild, ohnehin an der Kanone beim Kommandantensitz angebracht sind.
Bild 17 zeigt das kinematische Schema der Visierlinienstabiliserung, die im Artikel zur
Waffenstabilisierungsanlage 2E28 gesondert beschrieben ist.

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Bild 19, Arbeitsplatz Richtschütze

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Bild 20, Arbeitsplatz Richtschütze

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Bild 21, Arbeitsplatz Kommandant

Bild 19 ermöglich eine Blick auf den Arbeitsplatz des Richtschützen. Rechts von seinem Sitzplatz befindet sich ein festes und ein bewegliches Abweiserblech, das vor Verletzungen durch die Kanone und die Ladeeinrichtung schützt. Im Bild 20 ist in der Bildmitte der Hauptschaltkasten des Richtschützen zu erkennen. Unter diesem Schaltkasten befindet sich das manuelle Turmschwenkwerk und der Turmstellungsanzeiger. Das elektrische Messinstrument ermöglicht die analoge Anzeige der verbleibenden Restmunition im Magazin der Ladeeinrichtung in Abhängigkeit von der jeweils eingestellten Munitionsart.
Bild 21 zeigt den Arbeitsplatz des Kommandanten. Oben links im Bild befindet der Nachfüllbehälter der Hydraulik des Vertikalstabilisators, darunter der Hauptschaltkasten des Kommandanten und rechts von diesem der Hauptschaltkasten der Bordsprechanlage. Am rechten oberen Bildrand ist das Bedienpult der automatischen Ladereinrichtung erkennbar. Unten im Bild ist die Funkstation R-123M und links von dieser deren Stromversorgungsblock erkennbar.

Nachtzieleinrichtung
Das passive Nachtzielfernrohr vom Typ
TPN-1-49 ist ein einkaskadiger Infrarot-Bildverstärker mit 5,5-facher Vergrößerung. Es besitzt ein einfaches statisches Visier da die Sichtentfernung bei diesem Typ Nachts sehr beschränkt ist. Zur Zielausleuchtung dient der am Turm angebrachte Infrarotscheinwerfer L2AG. Die tatsächliche effektive Reichweite liegt bei maximal 800-1000 m. Zum Anrichten dient eine feste Strichplatte, der Richtschütze muß Entfernungsmarke und Haltepunkt manuell ermitteln. Beim Schießen mit Unterkalibergranaten, deren Anfangsgeschwindigkeit bei 1800 m/s liegt, gibt es hier bei der im Vergleich zu Wärmebildgeräten geringen Reichweite des TPN-1 keine Probleme. In modernisierten T-72 wurde auch das wahlweise aktive bzw. passive Nachtzielfernrohr TPN-3-49 eingebaut. Hier liegt die Reichweite bei 1300 m im aktiven Verfahren und 850 m im passiven Verfahren. Bei diesem Zielfernrohr kann der Richtschütze die Entfernung in der Strichplatte einstellen.

Der T-72B ist mit der Feuerleitanlage 1A40 ausgestattet, die auch in den später modernisierten T-72A eingebaut wurde. Es handelt sich Feuerleitanlage auf der Basis des TPD-K1. Bild 22 erlaubt einen Blick auf den Platz des Richtschützen Zusätzlich wurde ein analoges Vorhalte-Rechenwerk mit den zugehörigen Datengebern eingebaut. Der Rechner ermittelt in Abhängigkeit von Turmstellung, Richtgeschwindigkeit und Munitionsart den notwendigen Vorhalt für das Schießen aus der Bewegung und auf bewegliche Ziele. Der berechnete Vorhaltewert wird in einem zusätzlich am unveränderten TPD-K1 angebrachten Zusatzokular, Bild 23, angezeigt und muss durch den Richtschützen manuell berücksichtigt werden. Der Richtschütze hat das Ziel mit der Laser-Ringmarke anzurichten, dabei das Ziel zu begleiten und nach etwa 2 Sekunden die Entfernung zu messen. Danach wird vom Rechenwerk die Vorhalte ermittelt und im Zusatzokular angezeigt. Gibt der Richtschütze die Taste für den Laser-Entfernungsmessser wieder frei, erlischt der angezeigte Vorhaltewert im Zusatzokular. Um dem Richtschützen die Auswahl der korrekten Richtmarke zu erleichtern, wurden die waagrerechten Vorhaltemarken mit Ziffern versehen, die den jeweiligen Strich-Wert anzeigen (Bild 24). hat der angezeigte Vorhaltewert ein neagtives Vorzeichen, dann ist der entsprechende Wert links der Hauptrichtmarke zu verwenden, bei einem positiven Vorzeichen entsprechend rechts der Hauptrichtmarke. Den Vorhalterechner mit dem Zusatzokular zeigt Bild 25.
Zur Einstellung der Korrekturwerte für Abweichungen der Lufttemperatur, der Ladungstemperatur, des Rohrverschleißes und des Luftdruckes von den Schußtafelmäßigen Normalbedingungen befindet sich bei der Feuerleitanlage 1A40 ein zweites Potentiometer, Bild 25, beim Kommandanten. Ab der Feuerleitanlage 1A40-1M besteht die Möglichkeit, entsprechend der aufmunitionierten Munitionsarten, den korrekten Munitionstyp einzustellen. Das sind für APFSDS die Typen BM-9/BM-12/BM15, BM-22, und BM-26/BM-29, im weiteren für HEAT die Typen BK-12/BK-18 und BK-14 und für HE-FRAG die Typen OF-19 und OF-26. Damit können die unterschiedlichen ballistischen Eigenschaften der Geschosse berücksichtigt werden.

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Bild 22, Arbeitsplatz Richtschütze

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Bild 23,  TPD-K1 der
Feuerleitanlage 1A40

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Bild 24,  Sichtfeld des TPD-K1 für 1A40

1A40_Vorhalterechner.jpeg
Bild 25, Vorhalterechner und Munitionsartenvorwahl

In die modernisierten Feuerleitanlagen 1A40-1 bzw. 1A40-1M ist zusätzlich ein Querwindsensor und ein Verkantungssensor integriert, deren Werte mit den Werten des Turmstellungs- und Richtgeschwindigkeitsgebers summiert werden. Das analoge Rechenwerk wurde durch einen leistungsfähigeren Microprozessor-Rechner ersetzt. Die Leistungsmöglichkeiten einer modernen automatischen Feuerleitanlage kann das System 1A40 selbstverständlich nicht bieten. Allerdings ist dies eine akzeptable Lösung, wenn man in Betracht zieht, dass der T-72 ja eigentlich für die Bedingungen eines Krieges in Mitteleuropa mit mittleren Schussentfernungen von 1500 bis 1800 m entworfen wurde. In diesem Entfernungsbereich weist diese Feuerleitanlage durchaus gute Leistungsmerkmale auf. Die T-72B und ebenso die für den Export vorgesehehen T-72S erhielten an Stelle des TPN-1 bzw TPN-3 Infrarotnachtzielfernohres ein Zielfernrohr-Richtgerät 1K13 für die Lenkwaffenanlage 9K120 SVIR. Dabei ist die Lenkwaffenanlage prinzipiell baugleich mit der Anlage 9K116. Es wird jedoch die Lenkrakete 9M119 INVAR verwendet.

 

T-72M1M. Eine der letzten vorgestellten Modernisierungen der Feuerleitanlage des T-72 umfasst den Einbau eines neuen Hauptzielfernrohres, wobei das bisherige TPD-K1 beibehalten wird und die Aufgabe des Hilfszielfernrohres übernimmt. Als Hauptzielfernrohr wird an Stelle des Nachtzielfernrohres, Bild 26, ein Mehrkanalzielfernrohr SOSNA-U eingebaut. Dieses Zielfernrohr verfügt über eine moderne Visierlinienstabilisierung in zwei Ebenen bei nachgeführter Waffenstabilisierung. Das SOSNA-U umfasst einen Tagkanal und einen Wärmebildkanal, sowie einen Laser-Entfernungsmesser und einen Laserleitstrahlkanal für den Lenkwaffenverschuss. Die Schusslösung wird durch einen digitalen ballistischen Rechner ermittelt, automatische Geber der meteorologischen und ballistischen Bedingungen stellen die notwendigen Daten bereit. Diese als Exportversion der Öffentlichkeit vorgestellte Version wurde einige Jahre später die favorisierte Kampfwertsteigerung für die russische Panzertruppe. Unter der Bezeichnung T-72B3 wurden eine große Anzahl T-72B modernisiert

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Bild 26, Ausblickköpfe des TPD-K1 und des SOSNA-U beim T-72M1M

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Bild 27, Arbeitsplatz des Richtschützen im T-72M1M

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Bild 28, Zielfernrohr SOSNA-U

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Bild 29, Strichbild des SOSNA-U

 

T-72_Modernisierung_SOSNA-U.jpgDas Bild 30 erlaubt eine Überblick über die Baugruppen der Feuerleitanlage und deren Zusammenwirken. Neu beim T-72M1M ist für den Kommandanten die Möglichkeit, von seinem Platz aus die Führung der Hauptbewaffnung zu übernehmen und das Feuer mit der Kanone führen zu können. Dazu nutzt er einen an seinem Arbeitsplatz angebrachten LCD-Monitor, der das Bild der Thermalkamera darstellt. Als Richtgriff findet der vom PNK-4 bekannte Joystick Verwendung, dessen Funktionalität im Bild 32 dargestellt ist.
Der tatsächliche Umfang der Ausstattung der Feuerleitanlage des T-72M1M ist abhängig von der konkreten Kundenbestellung. Einzig das Hauptzielfernrohr SOSNA-U ist in jedem Fall Bestandteil der modernisierten Feuerleitanlage.

 

Technische Daten zu den Zielfernrohren und Feuerleitanlagen

Bezeichnung der  Feuerleitanlage

-

1A40

1A40-1, 1A40-1M

-

Hauptzielfernrohr

TPD-K1

TPD-K1

TPD-K1

SOSNA-U

Vergrößerung

8-fach

4-fach; 12-fach

Sichtfeld

9 Grad

12 Grad; 4 Grad

Stabilisierung Sichtfeld

vertikal

vertikal und horizontal

mittlerer Stabilisierungsfehler Blickfeldstabilisierung

0,1 mrad Vertikal
-

0,1 mrad Vertikal
0,1 mrad Horizontal

Vertikaler Beobachtungsbereich

-15 ... +25 Grad Vertikal
 

-10 ... +20 Grad Vertikal
-7,5 ... +7,5 Grad Horizontal

Messbereich Laser-Entfernungsmesser

500 ... 4000 m

300 ... 5000 m

300 ... 7500 m

Messgenauigkeit

10 m

10 m

Nachtsichtzielfernrohr

TPN-1, TPN-3
( abhängig stabilisiert)

über Infrarotkanal des 1K13 bzw.
TPN-3 bei T-72B1 und T-72BA1
( abhängig stabilisiert) 

integrierter Wärmebildkanal (Catherine-FC)

Lenkwaffenanlage

-

9K120 SVIR (über 1K13)

ja, integriert

Einsatzreichweite Lenkwaffe

-

100 ...4000 m

100 ...5500 m

Ballistischer Rechner

Analogrechner

Digitalrechner

Digitalrechner

automatische
Aufsatzkorrektur

Munitionsarten

3

3

11

min. 11

Ladungstemperatur

ja

ja

ja

ja

Lufttemperatur

ja

ja

ja

ja

Luftdruck

ja

ja

ja

ja

Rohrverschleiss

ja

ja

ja

ja

digitale Anzeige,
und manuelle
Korrektur

Vorhalte

-

ja

ja

ja

Wind

-

-

ja

ja

Verkantung

-

-

ja

ja

Übersteuerung durch Kommandant

-

ja, über Wärmebildkanal

Feldjustiereinrichtung

-

ja

Automatische Zielverfolgung

-

ja, optional möglich

Verwendung

T-72, T-72A, T-80

T-72A mod.
T-72B

T-72B, T-72B1
T-72BA, T-72BA1
(1 = ohne 1K13)

T-72M1M
(T-72B2)

 

Quellen:

1) A 051/1/104 Beschreibung und Nutzung Panzer T-72 / T-72M, DDR/NVA
2) Panzer T-72A, Beschreibung und Nutzung, Militärverlag, Moskau
3) A 051/1/317, Zielfernrohr-Entfernungsmesser TPD K 1 - Laserentfernungsmesser, NVA, 1981
4) Produktkatalog und Prospekte, Firma PELENG, Minsk
5) 1986 Sowjetisch-Russische Panzer 1905 - 2003, Elbe-Dnjepr-Verlag, BRD, Klitschen, 2004
6) Vollständige Enzyklopädie der Panzer der Welt von 1915 - 2000, Minsk, 2004
7) Umschau Armee und Flotte, Heft Januar 2007, Moskau

 

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Stefan Kotsch